Neu umgarnt – Google wirbt um Journalismus
Der Weltkonzern Google bemüht sich seit einiger Zeit spürbar um ein besseres Verhältnis zu Journalisten. Google begreift sich nun als "Teil des Ökosystems", wenn es zum Beispiel um das Thema Nachrichteninhalte geht - auch wenn sie selbst noch keine Inhalte erstellen. Aber sie leiten nach eigener Aussage allein in Deutschland monatlich ca. 500 Millionen Klicks auf Verlagsseiten weiter.
150-Millionen-Paket für den Journalismus
Ein fettes Paket von 150 Millionen Euro stellt Google neuerdings Verlagen und Medienunternehmen für Produktentwicklungen und Forschung zur Verfügung. Die "Digital News Initiative" umfasst große Namen, von der "Süddeutschen" über die "FAZ", den "Spiegel" bis hin zur "Zeit". Google trifft sich zudem gern mit zahlreichen Journalisten, wie vor einigen Wochen in Helsinki, um "besser zuzuhören" und produktive neue Ideen mit alten und neuen Medienpartnern zu entwickeln. Google-Sprecher Kay Oberbeck spricht sogar von einer "neuen Denke", mit der man "sehr, sehr viel partnerschaftlicher, sehr viel offener" an Medienunternehmen herangehen würde.
Das Ganze ähnelt einem gut ausgestatteten, leistungsstarken Intercity, mit dem Google und die Medienunternehmen gemeinsam Richtung digitale Zukunft rauschen wollen. Auf dem Bahnsteig, um im Bild zu bleiben, stehen aber deutsche Politiker wie Sigmar Gabriel und heben mahnend die Kelle. Aus gutem Grund: Sie weisen auf die besondere Verantwortung von solchen marktbeherrschenden Medienunternehmen wie Google hin, die in demokratischen Gesellschaften frei und äußerst dynamisch agieren und die riesigen Informationsflüsse bestimmen und verändern, bislang aber ohne jede transparente Kontrolle.
Politiker fordern gesellschaftliche Kontrolle
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig fordert mit Blick auf die Wichtigkeit der ungefilterten Informationen in einer Demokratie eine Art unabhängiges Kontrollgremium, das den großen Playern der Branche auf die Finger schaut. So sagte er ZAPP im Interview:
"Ich hätte gern, dass Google - und andere auch, beim Zugang zu Facebook, YouTube, Twitter, was immer wir haben, in zehn Jahren heißt das vielleicht ganz anders - dass daneben auch gesellschaftliche Institutionen sind, die mit einen Blick drauf werfen. Das haben wir im Rundfunk durch scheinbar altväterliche Institutionen wie Verwaltungsräte und ähnliches, deren Ziel aber gar nicht Bürokratie ist, sondern Pluralität. Da ist Kirche, da ist Gewerkschaft, da sind NGOs, da ist auch Politik. Da sind aber welche, die gucken drauf: Was macht ihr eigentlich? Warum ist das so, wie es ist? Und es wird immer hinterfragt. Das heißt nicht zwangsläufig, sie entdecken alles, aber es gibt so einen demokratischen Schutzmechanismus. Und ich glaube, der täte so einer großen Institution wie Google sie geworden ist, wie am Ende sie aber auch Apple morgen sein kann, gut. Wenn da Gesellschaft daneben steht und guckt."
Doch all die Forderungen aus der Politik - ein unabhängiges Kontrollgremium, eine besondere Privilegierung hochwertiger Inhalte, eine größere Transparenz über das Zustandekommen der Suchergebnisse - werden bis jetzt von Google elegant zurückgewiesen. Gern mit Hinweis darauf, dass man selbst schon unheimlich viel für Transparenz tue, dass darin aber auch bestimmte Gefahren lauern würden. So erklärt Google-Sprecher Kay Oberbeck:
"Uns liegt sehr, sehr viel an Transparenz. Aber natürlich ist es auch ein ziemlicher Ritt auf der Rasierklinge, dass man nicht so viel offenbart, dass man eben nicht Manipulatoren Tür und Tor öffnet."
Auch die Idee, bestimmte hochwertige Inhalte zu privilegieren, hält man bei Google für unnötig: "Leuchtturm-Marken wie eine ARD, wie eine 'Tagesschau', wie eine 'Welt', wie eine 'FAZ' werden heute im Netz gefunden wie auch später im Netz gefunden. Und da bedarf es sicher nicht einer künstlichen Einrichtung einer künstlichen Fernbedienung, um das sicherzustellen."
Mächtiges dynamisches Google, ohnmächtige mahnende Politik – ist es so einfach? ZAPP hat den aktuellen Stand der Diskussion auf allen Seiten abgefragt.