ARD-Chef glaubt nicht an umfangreiche Kürzungen
Der Vorsitzende der ARD, Ulrich Wilhelm, glaubt nicht daran, dass die Politik spürbar an den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender geht und damit die Angebote kürzen wird. "Die Politik wird abwägen, wie intensiv das Publikum diese Programme nutzt. Alle unsere Studien und auch objektive Messungen von dritter Seite zeigen, wie verwurzelt die Programme in der Bevölkerung sind", sagt er gegenüber ZAPP. Schon bei dem Versuch, einzelne Formate auf andere Uhrzeiten oder Tage zu verlegen, meldeten sich "im Nu hunderttausende Leute", um heftig zu protestieren. "Das zeigt, dass jede Veränderung am Programm unmittelbar eine große Mehrheit angeht. Und das ist von der Politik auch immer abgewogen worden."
Bei erneuten Kürzungen Programme intensiv betroffen
Wilhelm hatte zuvor erklärt, die ARD werde der Rundfunkkommission der Länder vorerst kein zweites großes Sparpaket vorlegen - wie auch das ZDF und das Deutschlandradio. Die Länder hatten das bis zum 20. April gefordert für ihr politisches Ziel, den Rundfunkbeitrag auch über das Jahr 2020 möglichst stabil zu halten. "Wir eskalieren nicht", meint Wilhelm im ZAPP-Interview. Er wolle stattdessen "seriöserweise darauf hinweisen, dass bei einer erneuten Kürzung (…) die Programme ganz intensiv betroffen wären. Das würde für die Qualität unserer Programme eine wirkliche Zäsur bedeuten." Schon das bisherige Sparkonzept gehe "tief in die Strukturen hinein und wird uns wirklich auch Kraft und Anstrengung kosten".
Die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, besteht unterdessen auf Nachbesserungen bei den Sparvorschlägen der öffentlich-rechtlichen Sender. Die Erwartungshaltung der Länder sei klar: "Wir haben nach der Überprüfung der von den Anstalten im September 2017 vorgelegten Sparvorschläge durch die [Beitragskommission] KEF ganz konkrete Nachbesserungen angemahnt", teilte die SPD-Politikerin mit. "Wir haben den Reformprozess in einem guten Dialog gestartet. Vor dem Hintergrund dieses noch laufenden Prozesses zwischen Anstalten und Ländern halte ich das Vorgehen des ARD-Vorsitzenden für nicht zielführend."
Wilhelm wünscht sich "ARD Extras" zu gesellschaftlichen Debatten
Die ARD flankiert die medienpolitischen Beratungen der Länder wiederum mit neuen Zahlen aus der Marktforschung. Von allen deutschen Mediennutzern ab 14 Jahren greifen demnach 94 Prozent mindestens ein Mal pro Woche auf ein ARD-Angebot zurück, täglich 80 Prozent. "Die ARD ist das einzige Medium, das wirklich verlässlich jederzeit Gesamtöffentlichkeit in Deutschland herstellen kann", mahnt Wilhelm. Er wünscht sich, dass die ARD diese Möglichkeit gezielter nutzt, etwa indem sie mehr Dokumentationen zeigt oder auch "immer mal wieder aus gegebenem Anlass ein 'ARD Extra' von vielleicht auch nur 15 Minuten, mit dem wir wichtige Themen im Anschluss an die 'Tagesschau' erklären". Wilhelm will mit den übrigen Intendanten über solch ein Format reden, das für aktuelle politische Diskussionen eingesetzt werden könnte so wie ein ARD-"Brennpunkt" bei "Breaking News".
"Public Value" - welchen Wert haben die Programme
Im Sommer des medienpolitisch wohl entscheidenden Jahres 2018 will die ARD eine "Public Value"-Kampagne starten, um klar zu machen, welchen Wert ihre Programme für die Öffentlichkeit haben - mit Spots im Ersten, in den Dritten, im Radio und im Netz. Wilhelm kündigt an, dass die ARD mit den BeitragszahlerInnen aber auch verstärkt vor Ort in Kontakt treten will. "In Jahrzehnten, in denen man enorm stark war und auch völlig unangefochten, ist da und dort vielleicht nicht die Notwendigkeit dazu gesehen worden", sagt Wilhelm über das Engagement. Die ARD werde ihr Publikum nun aber etwa gezielt fragen, wo es etwas vermisst - "glaubt ihr, dass bestimmte Themen etwa aus der ländlichen Region zu wenig vorkommen, zu wenig Familienunternehmen oder aus dem Leben von jungen Menschen". Letztlich brauche es aber mehr als eine einzelne Kampagne: "Das ist eine Daueraufgabe."