Stand: 08.09.2016 17:21 Uhr

"Verkappte Opel-Werbung"

von Janina Kalle

Wie fängt man einen Artikel zur Bergsteigerlegende Reinhold Messner an? Mit seinen größten Erfolgen? Mit einer Frage nach abgestorbenen Zehen? Oder einfach so, wie die "Bunte" vom 1. September 2016: "Geschmeidig liegt er in den Kurven der Brennerautobahn Richtung Südtirol. Die erhöhte Sitzposition im Opel Vivaro ermöglicht besten Alpenblick und in der Variante mit Top-Triebwerk 1.6 BiTurbo CDTI wären sogar 183 km/h möglich".

Foto von der Zeitschrift "Bunte"  Foto: Matthias Stelte
Sieht aus wie ein PR-Artikel, ist aber nicht als solcher gekennzeichent: Auf einer ganzen Seite schwärmt Bergsteiger Messner über sein Auto.

Aha. Bebildert ist der Text mit Fotos der Adam Opel AG, die - man ahnt es - das "Opel" Modell zeigen. Details zu Kaufpreis und Verbrauch (des Wagens, nicht Messners)  gibt es im Infokasten.  Die eigentliche Nachricht ist, dass die "Bunte" diesen Artikel als redaktionellen Artikel verkauft und nicht als PR-Text.

Es sei schließlich ein Bericht über den "Markenbotschafter" Rheinhold Messner. "Reinhold Messner wird in dem Artikel eindeutig als solcher benannt, so dass eine Lesertäuschung ausgeschlossen ist. Inhaltlicher Schwerpunkt des Interviews ist zudem nicht das Produkt oder die Marke. Opel hat in keiner Weise Einfluss auf die Gesprächsführung oder die Darstellung genommen", schreibt eine Sprecherin Burda-Verlags auf Anfrage von ZAPP.

Bergsteigen ist nur am Rande Thema

Man kann sicherlich streiten, ob Fragen wie "Was findet man in Ihrem Kofferraum?" oder "Was muss ein Auto für Sie können?" journalistisch neutrale Fragen an einen Bergsteiger sind. Messner nutzt sie jedenfalls, um von seinem neuen Auto zu schwärmen. Nur insgesamt zwei Fragen drehen sich um Messners neues Museum und sogar ums Bergsteigen.

"Merkmale einer PR-Kooperation"

Für Schleichwerbungsexperten Prof. Dr. Volker Lilienthal von der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für Praxis des Qualitätsjournalismus ist es ein klarer Fall: "Diese Autoseite der "Bunten" ist meines Erachtens verkappte Opel-Werbung - und kaum ein journalistischer Fahrbericht. Mehrere auffällige Merkmale lassen vermuten, dass hier drei Partner eine PR-Kooperation verabredet haben: der schwärmerische Ton ("geschmeidig" und ohne den Vivaro geht gar nichts), die Hervorhebung von Marken- und Typnamen in Versalschrift sowie die Tatsache, dass die "Bunte" sich sogar den Fotografen sparte. Alle sechs Fotos kamen von der Adam Opel AG."

Nicht der erste Fall für Opel

Opel ist schon öfter wegen dem Verdacht auf Schleichwerbung in der Kritik gewesen:  Beim "Marienhofskandal"  hatte "Opel" seine Logos in der ARD-Sendung platziert. 2014 schwärmten die "Markenbotschafterinnen"Nadja Uhl und Karoline Herfurth in der "Gala" ausgiebig über Wagen der Marke - der Presserat prüfte eine Rüge, weil der Anfangsverdacht auf Schleichwerbung gegeben war.

 "Die Beschwerde "Opel Herfurth/Uhl" wurde damals nicht entschieden und das Verfahren direkt am Anfang eingestellt, da der Beschwerdeführer nicht mehr reagiert hatte beziehungsweise über seine Angaben nicht zu erreichen war", erklärt eine Sprecherin des "Presserats" heute.

"Wir freuen uns über das Interesse"

Es läuft also für den US-amerikanischen Automobilkonzern. Ernsthafte Konsequenzen haben sie nicht zu befürchten. "Opel ist stolz darauf, mit Reinhold Messner bereits seit 1989 partnerschaftlich verbunden zu sein. Es freut uns, dass das Thema das redaktionelle Interesse der Bunte geweckt hat", antwortet ein Sprecher - auf eine Reihe von kritischen ZAPP Nachfragen, etwa inwieweit der mögliche, wiederholte Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodex für die Complianceregeln von "Opel" relevant ist.  (Immerhin ist der Compliance Manager der Adam Opel AG sogar Oberhaupt im Verband der deutschen Compliance Manager). Vielleicht bekommt ZAPP dazu ja mal ein Interview - aber bitte nicht mit einem der "Markenbotschafter".

Dieses Thema im Programm:

ZAPP | 14.09.2016 | 23:20 Uhr

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