#EUPressefreiheitsCheck: Making Of
Am Ende wurden aus den geplanten 6.000 sogar 7.500 Kilometer: Vier Wochen waren wir unterwegs bei den Kellerkindern der Pressefreiheit in der EU - orientiert am jährlichen Ranking der Reporter ohne Grenzen. Erst einmal: Entwarnung! So gefährlich wie etwa in der Türkei, in Russland oder China ist es für Journalisten in der EU noch lange nicht. Kein Kollege muss allein für seine Arbeit ins Gefängnis oder gar ernsthaft um sein Leben fürchten. Doch auch in der Europäischen Union - unserer Wertegemeinschaft - ist Pressefreiheit keine Selbstverständlichkeit. Die Bedrohungslage für freie Medien ist vielfältig und alarmierend.
Ungarn sollte statt Bulgarien hinen liegen
Im Pressefreiheits-Ranking ist Bulgarien das Schlusslicht. Unser Befund ist ein anderer: In Bulgarien ist nicht alles gut, aber eigentlich sollte Ungarn diese zweifelhafte Ehre zu Teil werden. Hier arbeiten Regierende und ihre Freunde konsequent daran, dass populäre kritische Stimmen verschwinden - mal wird eine Zeitung dafür geschlossen, dann einem Radiosender bisherige Lizenzen verweigert. Polen ist außerdem auf dem besten Weg, es Ungarn nachzumachen - indem Viktor Orbán eine Art "Ikea-Baukasten" für den eigenen Umgang mit den Medien vorgelegt hat, wie es einer unserer Gesprächspartner nennt.
Krisen und Prozesshansel
Griechenland und Italien wiederum sind gefangen in ihren eigenen Dauerkrisen, unter denen auch der Journalismus leidet. Obwohl Silvio Berlusconi keine besondere Rolle mehr in der Politik spielt, hält in Italien erstaunlicherweise die Prozessfreudigkeit von Politikern und Unternehmern gegen Journalisten an. Am Ende werden sie von den Richtern zwar stets freigesprochen. Die Prozesse dauern allerdings oft mehrere Jahre und verschlingen damit so viel Zeit und Energie, dass Berichterstattern droht, die Puste auszugehen.
In Griechenland schlägt hingegen die Finanzkrise auch auf die Medien durch: Die Bevölkerung ist müde von schlechten Nachrichten. Außerdem räumen selbst Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ERT ein: Sie hatten und haben noch immer eine Nähe zur Regierung und bilden eher unkritisch ab, was die Mächtigen tun, statt sich um die eigentlichen Probleme der Bevölkerung zu kümmern. Damit sind hier keine Gesetze das Problem, sondern nicht zuletzt Selbstzensur und mangelnder Mut der Medienmacher.
Hauptsache Pressefreiheit bleibt ein Thema
Aber wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Beobachtungen, etwa zum Schlusslicht Bulgarien? Christian Mihr, der Leiter der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen, erklärt zweierlei: Erstens sei ein zentraler Fall, bei dem einer Journalisten das Auto angezündet wurde, noch völlig ungeklärt und damit vielleicht doch ein Problem für die Pressefreiheit. Und zweitens sei auch das Ranking von Reporter ohne Grenzen letztlich subjektiv - weil am Ende auch nur Kollegen Fragen beantworten. Außerdem, sagt Mihr, gehe es doch vor allem um eines: Dass überhaupt über die Pressefreiheit diskutiert werde. Und hier gehen wir auch wieder mit.