Belarus: Wie Journalisten "mundtot" gemacht werden

Stand: 09.12.2020 16:17 Uhr

Fast 400 Journalisten wurden seit August, dem Beginn der Demonstrationen in Belarus - zumindest vorübergehend - inhaftiert.

von Jo Angerer

Ihar Karnei hat einen Beruf, der zur Zeit in Belarus gefährlich ist: Er ist Journalist. Dass Journalisteninnen und Journalisten bei ihrer Arbeit behindert werden ist inzwischen Alltag im Land. Am 15. November berichtete von einer Großdemonstration. Berichtete von massive Polizeigewalt, von Tränengas-Einsätzen und Blendgranaten. Wie viele Journalisten wurde er festgenommen und schwer misshandelt. "Im Polizei-Transporter", so erzählt er, "zwangen sie uns auf die Knie. Einer der Gefangenen um mich herum wollte umher schauen. Da schlug ihm einer der Vermummten auf den Kopf. Und er hörte nicht auf. Bis einer seiner Leute ihm an die Hand griff. Und sagte: Genug!"

Belarus - Weißrussland?

Viele Medien haben 2020 angefangen, den Staat Belarus so zu nennen und nicht mehr von Weißrussland zu sprechen. Dahinter steht zum einen die offizielle Staatsbezeichnung, wie sie auch im diplomatischen Dienst verwendet wird. Der Name Belarus enthält die Vorsilbe Bela-(=weiß) und Rus.

Beim historischen Rus handelte es sich aber um ein mittelalterliches Herrschaftsgebiet, das nicht mit dem heutigen Russland identisch ist. Das deutschsprachige "Weißrussland" geriet daher zuletzt in die Kritik, weil der Name eine Abhängigkeit des Landes von Russland suggeriere.

Die erst 2020 gegründete deutsch-belarusische Geschichtskommission empfahl Anfang des Jahres, Belarus als Landesnamen zu verwenden. In der Folge wurde die Bezeichnung von den meisten deutschsprachigen Nachrichten- und Presseagenturen und Medien übernommen.

Kein Corona-Schutz im Knast

Zehn Tage war er im Gefängnis. Die Schläge, so sagt er, das war gar nicht das Schlimmste. Viel schlimmer zu Corona-Zeiten war das Eingesperrtsein auf engstem Raum - ohne jede Schutzmaßnahme: "Viele Leute erzählten, dass in ihren Zellen ganz viele waren, die hohes Fieber hatten und Husten. Sie riefen keinen Arzt, es gab keine medizinische Hilfe. Sie behielten sie im Gefängnis bis zum Ende ihre Strafe." Dass es in den Gefängnissen keine Schutzmaßnahmen gegen Corona gibt, das bestätigt auch Barys Haretski vom belasusischen Journalistenverband.

Online-Portale berichten aus einem abgeschotteten Land

Für ausländische Berichterstatter wird es immer schwerer wird ins Land zu kommen. Akkreditierungen werden nicht oder nur mit großer Verzögerung erteilt. Bei Einreise müssen Ausländer in Quarantäne. Deshalb sind Nachrichtenportale wie tut.by zur wichtigen Informationsquelle geworden.

Ihre Journalisten berichten von den Demonstrationen, sammeln Videos aus dem Netz und veröffentlichen sie. Inzwischen wurde die Arbeit von tut.by per Gerichtsurteil verboten. "Sie bekämpfen uns mit allen Mitteln", sagt Chefredakteurin Marina Zolotova,. "Das begann damit, dass man unsere Journalisten für ein paar Stunden ins Polizeirevier verschleppte. Für unsere Leute war das natürlich ein Albtraum. Und es endete mit Strafverfolgung und der Aberkennung unserer Zulassung."

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Dieses Thema im Programm:

ZAPP | 09.12.2020 | 23:20 Uhr

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