Wie aus Michael Jackson Mike Jagger wurde
Susanne Glass leitete von Februar 2014 bis 2016 das ARD-Studio in Wien. Ihr Berichtsgebiet umfasste Südosteuropa: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Österreich, Rumänien, Serbien, Slowenien und Ungarn. Wir haben mit ihr über ihre damalige Wahlheimat Österreich und ihre Arbeit als Korrespondentin gesprochen. Seit Februar 2016 leitet sie das ARD-Studio in Tel Aviv.
Auf Twitter können Sie Susanne Glass folgen unter: @ARDSusanneGlass.
Frau Glass, was hat Sie bis jetzt in Ihrer Korrespondenten-Wahlheimat am meisten beeindruckt?
Susanne Glass: Der Abwechslungsreichtum dieser insgesamt zwölf Länder Südosteuropas. Die Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit der Menschen.
Was hat Sie am meisten schockiert?
Glass: Die Armut mancher Familien, vor allem auch wenn Kinder betroffen sind. Und alle Kriegsopfer.
Welche Geschichte wollen Sie unbedingt in Ihrer Zeit als Korrespondentin erzählen?
Glass: Diejenigen, die mit Klischees brechen. Und diejenigen, die von Versöhnung zwischen ehemals verfeindeten Volksgruppen erzählen.
Was ist die größte Herausforderung für die Zusammenarbeit mit den Redaktionen in Deutschland?
Glass: Geschichten unterzubringen, die nicht dem Mainstream entsprechen. Und manchmal haben Redakteure ihre eigenen Bilder im Kopf, die durch die Lektüre einer Zeitungsgeschichte entstanden sind. Wenn wir vor Ort sind, stellt sich die Situation oft anders dar.
Eine Herausforderung ist auch, dafür zu werben, dass in unseren Geschichten auch komplizierte politische Zusammenhänge thematisiert werden. Diese mögen zwar für die Regionunkundigen erst einmal nicht leicht zu durchschauen sein. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir auch sehr viele Zuschauerinnen und Zuschauer haben, die sich extrem gut auskennen, etwa weil sie aus der Region stammen. Die haben einen Anspruch auf fundierte Hintergrundinformationen.
Was haben Sie bei jeder Drehreise dabei?
Glass: Mehr Kleidung als für die geplanten Drehtage nötig. Oft genug mussten wir länger bleiben als vorhergesehen.
Was war bisher die größte Panne, die Ihnen widerfahren ist?
Glass: In einem Live-Gespräch aus dem Kosovo-Krieg habe ich nach zwei Tagen und Nächten fast ununterbrochenem Durcharbeiten den Namen des damaligen amerikanischen Kommandanten der internationalen Friedenstruppen verwechselt. Er hieß Michael Jackson. Ich sprach von Mike Jagger.
Ein anderes Mal ist uns eine gemietete SNG (Anmerk. d. Red.: Fahrzeuge, die mit Satellite News Gathering ausgestattet sind; über diesen Satellitendienst werden Beiträge vom Berichtsort zur Fernseh- oder Rundfunkzentrale gesendet) vor der Nase weggefahren, als wir gerade ankamen, um den Aufmacher-Beitrag für die Tagesthemen zu überspielen. Wir wissen bis heute nicht, wie der Fehler der Kollegen zustande kam. Ich weiß aber genau, dass ich sehr dämlich auf die Rücklichter des Übertragungswagens geschaut habe. Wir haben dann eine andere SNG, die zufällig noch da stand, regelrecht gestürmt und es schließlich noch geschafft, den Bericht in die Sendung zu bringen. Allerdings nicht mehr an erster Stelle.
Mussten Sie aus Höflichkeit bei einer Drehreise schon mal Merkwürdiges essen oder trinken?
Glass: Als Frau kann man sich da wohl eher auf einen schwachen Magen berufen.
Was ist Ihr Lieblingsplatz in der Stadt, in der das Studio liegt?
Glass: Überall dort wo meine Freunde in schöner Atmosphäre mit gutem Essen und einem guten Wein sind.
Wie sieht für Sie ein perfekter Sonntag aus?
Glass: Ausschlafen, schön Frühstücken, Zeitung lesen und dann raus zum Segeln oder Skifahren. Abends siehe "Lieblingsplatz".
Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?
Glass: Die vielen Seen und die Berge in Bayern.