Improvisieren in Russland
Golineh Atai ist seit Januar 2013 Korrespondentin im ARD-Studio in Moskau und berichtet vom Polarkreis bis nach Mittelasien über alle GUS-Staaten. Als Korrespondentin war Atai zuvor lange in Kairo und widmete sich den Themen der arabischen Welt. Vielem aus dieser Zeit begegnet sie auch heute. Fasziniert ist sie dabei vor allem vom Übergang einiger Länder von der Autokratie zur Demokratie.
Auf Twitter können Sie Golineh Atai folgen unter: @GolinehAtai.
Was hat Sie bis jetzt in Ihrer Korrespondenten-Wahlheimat am meisten beeindruckt?
Golineh Atai: Wie selbstsicher und sanft russische Piloten auf Eis und Schnee abfliegen und landen. Die Wurst-Käse-Gürkchen-Platte mit Wodka vor oder nach dem Dreh. Die Fähigkeit, spontan zu improvisieren.
Was hat Sie am meisten schockiert?
Atai: Das russische Staatsfernsehen. Die Unfähigkeit, über dunkle Momente der eigenen Geschichte zu reflektieren.
Welche Geschichte wollen Sie unbedingt in Ihrer Zeit als Korrespondentin erzählen?
Atai: Die Geschichte über die Schönheit russischer Frauen. Die Geschichte über den Glauben an paranormale Phänomene. Und die Geschichte über die georgische Küche.
Was ist die größte Herausforderung für die Zusammenarbeit mit den Redaktionen in Deutschland?
Atai: Den Menschen auf der anderen Seite der Leitung dazu zu bewegen, die Welt von hier aus zu sehen. Das Bemühen, Brennpunkte nicht innerhalb kurzer Zeit zu blinden Flecken werden zu lassen.
Was haben Sie bei jeder Drehreise dabei?
Atai: Einen kleinen Engel, geschenkt von einer deutschen Zuschauerin.
Was war bisher die größte Panne, die Ihnen widerfahren ist?
Atai: Ein Beitrag wurde zu spät fertig und konnte nicht gesendet werden.
Mussten Sie aus Höflichkeit bei einer Drehreise schon mal Merkwürdiges essen oder trinken?
Atai: Wodka. Wodka. Wodka. Stutenmilch.
Was ist Ihr Lieblingsplatz in Moskau?
Atai: Der Gorkipark und das Chistiye-Prudi-Viertel.
Wie sieht für Sie ein perfekter Sonntag aus?
Atai: Es ist Sommer. Am Morgen in der herrlich stillen, auto- und menschenleeren Stadt entlang der Moskwa spazieren. Mittags beim Georgier einen Kräutersalat und ein Khinkali - eine Art übergroße Teigtasche - bestellen. Nachmittags lesen, skypen, lesen, und die Verlangsamung des Lebens spüren. Abends Kultur.
Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?
Atai: Die Vielfalt, Qualität und Preiswertigkeit der Lebensmittel. Und Fahrradfahren - das traue ich mich hier immer noch nicht.