"Ich bin mehr so der Klarsichtfolien-Typ"
Uwe Schwering ist Leiter des ARD Studios in Tokio. Sein Berichtsgebiet erstreckt sich von Nord- und Südkorea, über Japan und Taiwan bis zu den Philippinen. Immer wieder stößt er dabei auf die Gegensätze zwischen den 12-Millionen-Metropolen Tokio, Seoul oder Manila und den Geschichten, auf die er in den ländlichen Regionen oder auf hoher See in Mikronesien und Ozeanien stößt.
Auf Twitter können Sie Uwe Schwering folgen unter: @uschwering.
Was hat Sie bis jetzt in Ihrer Korrespondenten-Wahlheimat am meisten beeindruckt?
Uwe Schwering: Die Größe und Dichte Tokios, 37 Millionen Menschen im Ballungsraum, der größte der Welt. Und wie die Leute das hier miteinander hinkriegen, ohne sich die Köpfe einzuschlagen. Sich rückwärts in die Bahn klemmen, das gibt’s nämlich wirklich. Und dann die Weite des gesamten Berichtsgebietes. Und seine Verschiedenheit. Asien und damit auch Ostasien als großes Ganzes existiert ja gar nicht. Überall eine andere Sprache (und sehr wenig Englisch), eine andere Kultur.
Was hat Sie am meisten schockiert?
Schwering: Menschlich: Die erschreckende Armut in manchen Teilen der Philippinen, besonders im Süden des Landes. Politisch: Was die Abe-Regierung hier gerade in Japan treibt, die Einflussnahme auf die Medien, die Schönfärberei im Umgang mit der eigenen (Kriegs-)Geschichte. Deshalb auch der ganze Ärger mit China und Südkorea. Befremdlich, dass die meisten Japaner politisch so lethargisch sind und das alles geschehen lassen.
Welche Geschichte wollen Sie unbedingt in Ihrer Zeit als Korrespondent erzählen?
Schwering: Den Alltag zweier Familien (Stadt und Land) in Nordkorea. Ohne Vorauslese und Aufpasser. Machbar? Wohl eher nicht. Selbst wenn: Steht ja leider zu befürchten, dass das für die Beteiligten nicht folgenlos bleibt ...
Was ist die größte Herausforderung für die Zusammenarbeit mit den Redaktionen in Deutschland?
Schwering: Natürlich der Zeitunterschied von bis zu acht Stunden (in Tokio). Im Grunde arbeitet man jeden Tag zwei Tage, erst den japanischen, dann den deutschen, wenn ab spätnachmittags das Telefon klingelt oder die E-Mails eintrudeln. Und: Klar und bewusst zu machen, dass Asien nicht Exotik bedeutet, sondern politische und ökonomische Entwicklungen global wichtig und richtungsweisend sind (Geostrategie, Wirtschaft, Bevölkerungsentwicklung, Klimawandel). Die Zukunft spielt hier.
Was haben Sie bei jeder Drehreise dabei?
Schwering: Viele Gepäckstücke. Je nach Anforderung zusätzlich zwischen 100 und 120 Kilogramm Kamera-, Schnitt-, Ton- und Live-Schaltungs-Equipment. Und die erweiterte Hausapotheke.
Was war bisher die größte Panne, die Ihnen widerfahren ist?
Schwering: Von Pannen bin ich bislang glücklicherweise verschont geblieben. Bin zum Leidwesen meiner Kollegen ein Erbsenzähler bei Planung und Vorbereitung, der Klarsichtfolien-Typ. Aber keine Sorge, die Fettnäpfchen werden schon noch kommen.
Mussten Sie aus Höflichkeit bei einer Drehreise schon mal Merkwürdiges essen oder trinken?
Schwering: Weniger aus Höflichkeit. Hunger und Durst treiben’s auch so rein. Amorphes aus Soja, Algen, Muscheln und Seeigeln. Oder trübe Getränke: Nützt ja nix, wer überlegt, hat schon verloren. Aber klar, im Team gucken wir uns schon manchmal fragend an ...
Was sind Ihre Lieblingsplätze in Tokio?
Schwering: Zuhause, wenn ich da denn mal vorbeikomme. Und der nahe gelegene Yogogi-Park. Da kann ich tatsächlich mal die Laufschuhe unterschnallen in dieser Wüste aus Stahl, Glas und Beton.
Wie sieht für Sie ein perfekter Sonntag aus?
Schwering: Sonntag, nan desu ka?
Was vermissen Sie am meisten aus Ihrer Heimat?
Schwering: Anstoß 15.30 Uhr.