Sendedatum: 24.05.2020 19:30 Uhr

Schlussakkord des Dritten Reiches in Flensburg

von Karl Dahmen

Ob er es geahnt hat, morgens als er aufgestanden ist und auf die Flensburger Förde hinaussah? Der Mann, der Hitlers Erbe in Deutschland antrat - als Reichspräsident und Oberbefehlshaber der Wehrmacht - und der glaubte, er könne immer noch Politik machen. Dachte Großadmiral Karl Dönitz wirklich, er könne im "Spiel der Großen", der USA, der Briten und der Sowjets, noch eine Rolle spielen?

Staatsfeind Nummer 1 bei den Alliierten

Karl Dönitz als Reichspräsident kurz vor Kriegsende. © NDR
Großadmiral Karl Dönitz war nach Hitlers Tod Reichspräsident und Oberbefehlshaber des deutschen Heers.

Wenn er es glaubte, muss dieser 23. Mai 1945 ein harter Schlag für ihn gewesen sein. Am Morgen wurde ihm von den Alliierten mitgeteilt, dass er ab sofort als Kriegsgefangener behandelt würde. Er war nun Staatsfeind Nummer 1 für die Alliierten, nachdem sich Hitler durch seinen Selbstmord jeglicher Verantwortung entzog. 

Der amerikanische General Dwight D. Eisenhower organisierte, dass an die 80 Journalisten nach Flensburg geflogen wurden, um die endgültige "Vernichtung" der Elite des Dritten Reiches zu dokumentieren. Ihre Repräsentanten Karl Dönitz, Albert Speer und Alfred Jodl wurden den wartenden Journalisten als Angeklagte in einem Hinterhof des Flensburger Polizeipräsidiums vorgeführt. Maschinenpistolenschützen auf den Dächern sollten ihre Gefährlichkeit dokumentieren. Danach fuhr man sie zu einem Flugplatz und flog sie nach Luxemburg, wo sie auf ihren Prozess warten sollten.

Versuch einer geschäftsführenden Reichsregierung

Unterzeichnung der Kapitulation der Wehrmacht vor den Alliierten. © NDR
Ein Archivbild zeigt die Unterzeichnung der Kapitulation der deutschen Wehrmacht vor den Alliierten.

Mit dem Schlussakkord des Dritten Reiches in einem Flensburger Hinterhof endete für Deutschland endgültig der Krieg. Zwar war die bedingungslose Kapitulation der deutschen Truppen bereits am 8. Mai 1945 verkündet worden, aber noch zwei Wochen lang versuchte Karl Dönitz die Geschicke Deutschlands von einer kleinen Enklave an der Flensburger Förde aus zu lenken. Er saß einer "geschäftsführenden Reichsregierung" vor und versuchte, Politik zu machen. Mehr als 8.000 Soldaten und Zivilisten waren noch in diesem "Sonderbereich Mürwik", der sich von der Flensburger Förde bis fast nach Glücksburg zog.

Flensburger Blumen für deutsche Soldaten

Otto von Bülow war damals Korvettenkapitän und Kommandeur des Marine-Sturmbatallions, das für die Außensicherung des Sonderbereiches zuständig war. Er erinnert sich, wie er mit anderen Offizieren gerade zu Mittag aß, als Briten in die Messe stürmten und sagten: "Alles 'raustreten!" Auf dem Weg nach draußen, erzählt er, wurden den Offizieren die Pistolen aus den Halftern gerissen. Da wusste er, jetzt machen die Alliierten ernst. An die 800 Offiziere, so Otto von Bülow, wurden durch Flensburg geführt, um den Deutschen zu zeigen: Jetzt ist Schluss mit dem Krieg und euren Eliten. Die Flensburger aber "bewarfen die deutschen Soldaten mit Blumen", erzählt von Bülow. Viele hätten noch nichts von den Kriegsverbrechen gewusst, vom Holocaust und anderen grausigen Taten des deutschen Nationalsozialismus.

In unserer Zeitreise erzählen wir von der Verhaftung von Karl Dönitz, als auch für Schleswig-Holstein der Krieg endlich zu Ende ging.

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Die drei Gefangenen Albert Speer, Karl Dönitz und Alfred Jodl werden von britischen Soldaten bewacht. ©  picture-alliance/ dpa

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Dampflokomotive aus dem 19. Jahrhundert. © dpa - report Foto: Votava

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Schleswig-Holstein Magazin | 24.05.2020 | 19:30 Uhr

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