Zeitreise: Gerhard Küntscher und der Marknagel
Unvorstellbar, dass Knochenbrüche heute nicht mit Hilfe der Marknagelung behandelt werden. Die Methode ist längst eine Standardbehandlung und einfach nicht mehr wegzudenken. Doch damals schien die Nagelung des gebrochenen Knochens unmöglich. Zu gewagt war die Operation am Knochenmark, zu hoch das Risiko einer Infektion nach der OP, hieß es aus Fachkreisen. Gerhard Küntscher aber glaubte von Anfang an daran, mit dem Verfahren der Marknagelung die Behandlungsmöglichkeiten auf dem Gebiet der Unfallchirurgie revolutionieren zu können. Und er tat es.
Küntschers Lebensprojekt
Trotz heftiger Kritik und Ablehnung ließ sich der Chirurg und Wissenschaftler nicht von der Erforschung der Methode abbringen. Sein Leben lang beschäftigte es ihn, wie er den Nagel am erfolgreichsten zum Einsatz bringen konnte. Doch in Deutschland bekam er zunächst keine Anerkennung, sondern erntete Ablehnung. Als er auf der 68. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie im März 1940 in Berlin über die ersten dreizehn erfolgreichen Operationen berichtete, wurde er verspottet. Sehr früh wandte Küntscher sich den Nationalsozialisten zu, war schon 1931 Mitglied in der NSDAP. Doch seinen Vorgesetzten war er zu unbequem, zu eigen, zu unorthodox. Er war ein Tüftler, ein Erfinder, lebte sein Leben so, wie es ihm gefiel. Erst drei Jahre vor seinem Tod 1972 kam für ihn dann auch der Durchbruch in Deutschland. Heute ist der Küntscher Nagel weltberühmt und Gerhard Küntscher als Pionier der Unfallchirurgie fast in jedem Land der Welt hoch angesehen.