Wir schaffen das: Fünf Jahre Flüchtlings-Erstaufnahmen
von Corinna Below
Juli 2015. Mittlerweile kommen bis zu 130 Flüchtlinge am Tag nach Schleswig-Holstein. Im Juni waren es noch 83 gewesen. Und insgesamt sind schon Tausende Flüchtlinge gekommen. Die politisch Verantwortlichen merken längst: Da kommt etwas Neues auf uns zu. Schon 2014 zeichnete sich das ab. Im Vergleich zum Vorjahr hatte sich die Zahl der Asylsuchenden verdoppelt. Die Prognose für 2015: erst 20.000, wenige Wochen später 25.000 - dann im September sogar schon 35.000. Alle müssen untergebracht und versorgt werden. Nur wie? Dann sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 31. August auf einer Bundespressekonferenz die bekannten Worte: "Wir schaffen das!" Dafür hat sie viel internationale Anerkennung bekommen, aber auch viel Kritik einstecken müssen. Es war eine nie dagewesene Situation, die gemeistert werden musste.
Drei Frauen erinnern sich an den Sommer 2015
Kirsten Bohn war damals die Vorsitzende des DRK Seeth (Kreis Nordfriesland). Die Lehrerin nahm von jetzt auf gleich die Organisation der Kleiderkammer in der Erstaufnahme in der Stapelholmer Kaserne in die Hand und arbeitete fortan und die gesamten Sommerferien nonstop - mit einer Woche Pause auf Sylt, weil sie einfach mal eine Auszeit brauchte. Danach reduzierte die Lehrerin ihre Stundenzahl von 20 auf 14. Sie hat sich oft überfordert gefühlt. Doch machte sie die Arbeit auch glücklich, wenn ein Kind auf einem gespendeten Fahrrad über das Gelände fuhr oder sie Menschen einfach nur mit dringend benötigter Kleidung versorgen konnte.
Mitten im Geschehen: Manuela Söller-Winkler
Manuela Söller-Winkler (SPD), damals Staatssekretärin im Innenministerium, war damals das Gesicht der Landesregierung. Sie musste in den Gemeinden die Erstaufnahmen einrichten. Sie musste erklären, warum es nicht anders geht. Auch in Seeth (Kreis Nordfriesland) musste sie sich verängstigten und auch wütenden Bürgern stellen. Dabei blieb sie immer respektvoll und ehrlich. Sie konnte nichts versprechen. Sie wusste oft selbst nicht, wie es zu schaffen sein würde. Sie war immer hinter den Ereignissen.
Überfüllte Erstaufnahme in Neumünster
Katja Ralfs war die stellvertretende Leiterin des Landesamtes für Ausländerangelegenheiten in der Erstaufnahme Neumünster. Die Einrichtung war schnell zum Bersten voll. Der Druck auf Ralfs und ihr kleines, nur 30-köpfiges Team, war enorm. Die vielen Menschen mussten schnell auf weitere Einrichtungen verteilt werden.
Steigende Flüchtlingszahlen
Drei Frauen die an unterschiedlichen "Fronten" kämpften, die dennoch eng miteinander verbunden waren. Alle drei haben rotiert, haben rund um die Uhr gearbeitet und dennoch mit voller Überzeugung durchgehalten. Und sie haben es mit den vielen anderen haupt- und ehrenamtlichen Helfern zusammen geschafft. In Seeth, so wie in allen Erstaufnahmeeinrichtungen, haben alle weitergemacht. Und das mussten sie auch, denn bis November 2015 stiegen die Flüchtlingszahlen immer weiter an.
Mittlerweile hat sich die Situation deutlich entspannt. Erstaufnahmen gibt es nur noch in Rendsburg, Boostedt und Neumünster.