Stand: 29.05.2019 15:41 Uhr

Wie wir den CO2 Ausstoß in den Griff bekommen

von Nils Naber
Hans-Otto Pörtner, Alfred-Wegener-Institut. © Lars Grübner, Alfred-Wegener-Institut
Ist für eine CO2-Steuer: Klimaforscher Hans-Otto Pörtner.

"Das Klima verändert sich. Es wird wärmer und diese Erwärmung ist menschengemacht", sagt der Bremer Klimaforscher Hans-Otto Pörtner. Diese Erkenntnis hat vermutlich hierzulande jeder schon einmal gehört. Es ist auch allseits bekannt, dass der Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß global gesenkt werden muss. Allerdings ist offenbar nicht allen klar, wie wenig Zeit wir noch haben, um die Folgen der Erderwärmung so gering wie möglich zu halten.

In 30 Jahren auf null?

VIDEO: Wie wir den CO2 Ausstoß in den Griff bekommen (10 Min)

In seinem jüngsten Bericht hat der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) dazu aufgefordert bis Mitte des Jahrhunderts weltweit die CO2-Emissionen quasi auf null zu bringen. Alles Kohlendioxid was ab Mitte des Jahrhunderts noch ausgestoßen wird, muss beispielsweise durch Aufforstungen oder Verpressungen in den Untergrund so gebunden werden, dass es nicht zu einem weiteren Aufheizen der Atmosphäre beiträgt. Dann könne eine Erwärmung des Planeten auf ein Niveau von 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Zeitalter erreicht werden, erläutert Weltklimarat-Mitglied Hans-Otto Pörtner. Unser Planet würde dann noch "einigermaßen" so zu erkennen sein, wie er heute ist. Jedes Grad darüber wird dramatische Folgen haben für Tiere, Pflanzen und Menschen. Global betrachtet nimmt der CO2-Ausstoß allerdings momentan ständig zu.

EU will Senkung um 80 Prozent bis 2050

Um der drohenden Klimakatastrophe zu entgehen, hat sich die EU eine Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2050 im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent vorgenommen. Auch Deutschland hat diesem Ziel zugestimmt. Es soll auf zwei Wegen erreicht werden: Einerseits soll der sognannte Handel mit Emissionszertifikaten dabei helfen, dass die größten Emittenten weniger von den klimaschädlichen Gasen ausstoßen. Kraftwerke und andere energieintensive Industrieunternehmen, deren Fabriken viel CO2 und andere Treibhausgase in die Luft pusten, müssen für jede Tonne CO2  Zertifikate kaufen. Auch Fluglinien sind von dieser Regelung betroffen.

Die Bereiche Verkehr, Wärme/Gebäude und Landwirtschaft fallen nicht unter dieser Regelung. Bisher kann hier jeder Bürger nach Lust und Laune CO2 durch den Kamin oder den Auspuff jagen. Allerdings hat sich Deutschland gegenüber der EU für diese Bereiche zu konkreten Einsparzielen verpflichtet. Bis 2020 sollen die Treibhausgase im Vergleich zu 2005 um 14 Prozent  zurückgehen, bis 2030 sogar um 38 Prozent.

Emissionzertifikate im Bundeshaushalt eingepant

Prof. Andreas Löschel, Ökonom. © Peter Lößmann
Seiner Ansicht nach wird Deutschland die Klimaziele verfehlen: Andreas Löschel.

Andreas Löschel, Energieökonom von der Universität Münster ist allerdings skeptisch, dass diese Ziele erreicht werden: "2020 werden wir sie sicher nicht erreichen, 2030 werden wir die Ziele auch verfehlen, wenn wir uns nicht tatsächlich richtig anstrengen." Sollte Deutschland diese Ziele verfehlen, müssten möglicherweise viele Millionen Euro für den Ankauf von Emissionszertifikaten aus dem Ausland ausgegeben werden. Die Politik scheint fest mit diesen Strafzahlungen zu rechnen.  Dafür sind bereits heute 100 Millionen Euro jährlich im Bundeshaushalt eingeplant - alleine für die Jahre 2017 bis 2020.

Umweltministerin Schulze will CO2-Steuer

Besonders im Bereich Verkehr wurde in Deutschland in den vergangen Jahrzehnten so gut wie nichts erreicht. Es wird heute fast genauso viel CO2 ausgestoßen wie im Jahr 1990. Auch im Bereich Gebäudeheizung steht Deutschland erheblich unter Druck. Damit hier endlich etwas passiert, taucht immer wieder der Begriff einer CO2 -Steuer in der Debatte auf. Besonders Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) setzt sich dafür ein. "Ich möchte das CO2 einen klaren Preis bekommt, der beim Verkehr und den Gebäuden für eine klare Lenkung sorgt. Dann profitiert derjenige, der ein Auto kauft, das weniger Sprit frisst." Insgesamt drei Forschungsinstitute sollen bis zum Sommer Vorschläge erarbeiten.

Die CDU ist in der Frage gespalten. Während sich CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer öffentlich kritisch zu einer CO2-Steuer geäußert hat, wollen einflussreiche Parteigrößen wie  Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet offen über das Thema reden. Immer wieder wird in der CDU darauf verwiesen, dass man den Treibhausgasausstoß der Bereiche Gebäude und Verkehr über den EU-Emissionshandel in den Griff bekommen könne. Allerdings räumt zum Beispiel die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser kürzlich auf der Umweltministerkonferenz ein, dass dies wohl kurzfristig schwer umsetzbar wäre.

Sozialverträgliche Gestaltung möglich

Experten favorisieren klar einen Preis für den CO2 Ausstoß und weisen darauf hin, dass der auch sozialverträglich gestaltet werden könne. Andreas Löschel, Vorsitzender der Expertenkommission "Energie der Zukunft", meint, dass die Kohlendioxid-Bepreisung so ausgestaltet sein muss, dass die Bürger etwas davon hätten. "Die Einnahmen sollen nicht in den Bundeshaushalt gehen, sondern die sollen zurückgegeben werden an die Bürger. Es gibt verschiedene Möglichkeiten das zu tun. Man kann das pro Kopf zurückgeben - als eine Art Klimadividende - oder man nimmt das Geld um andere Steuern zu reduzieren. So könnte man die EEG Umlage und Stromsteuern senken." Im Vergleich zu Strom werden momentan in Deutschland beispielsweise Gas und Heizöl mit geringeren Steuern und Abgaben belastet.

Grafik: Steuern und Abgaben auf Strom, Erdgas und Heizöl im Vergleich. © Agora Energiewende
Steuern und Abgaben auf Strom, Erdgas und Heizöl im Vergleich.
In Schweden funktioniert die Steuer

Viele andere EU-Mitgliedsstaaten haben vorgemacht, dass eine CO2–Steuer funktioniert. Schweden hat sie bereits 1991 eingeführt. Susanne Åkerfeldt ist im schwedischen Finanzministerium seit vielen Jahren für die Steuer zuständig, die ganz wesentlich zum Rückgang der Treibhausgasemissionen in dem skandinavischen Land beigetragen hat. Aus ihrer Sicht ist die "Carbon Tax" ein Erfolg. Besonders im Bereich der Gebäudeheizungen sind fossile Brennstoffe in Schweden mittlerweile nahezu verschwunden. "Eine CO2–Steuer ist einfach einzuführen. Das ist keine Raketenwissenschaft", meint Susanne Åkerfeldt.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 28.05.2019 | 21:15 Uhr

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