Gedanken einer Schweinemästerin
Vor vier Jahren hat die Landwirtin Gabriele Mörixmann mit ihrer Familie begonnen, ihren Schweinestall tierfreundlicher zu gestalten. Ihre etwa tausend Mastschweine können nun drinnen und draußen im Stroh wühlen. Das entspricht ihrem natürlichen Verhalten. Sie sind weniger gelangweilt und neigen seltener dazu, ihren Artgenossen die Schwänze blutig zu beißen.
Ihr Stall südlich von Osnabrück erfüllt damit zwar nicht die Standards für eine ökologische Haltung, vor allem weil ihre Tiere kein Biofutter bekommen. Aber im Vergleich zu anderen konventionellen Ställen stellt ihre Haltung eine positive Ausnahme dar. Denn etwa 90 Prozent der Schweine stehen in Deutschland ausschließlich auf Betonboden und haben keinen Auslauf an frischer Luft.
Landwirtin bangt, ob Verbraucher für mehr Tierschutz zahlen
Nun bangt Mästerin Mörixmann, ob sich ihre Investitionen auch rentieren. Denn so ein Stallumbau und eine Haltung auf Stroh kosten Zeit und Geld. Während Schweine auf Betonboden ihren Kot einfach durch Spalten in den Güllekeller darunter treten, muss die Schweinehalterin mühsam das Stroh sauber halten und regelmäßig nachstreuen.
Deshalb ist Schweinefleisch von ihrem Familienbetrieb deutlich teurer als andere konventionelle Ware. Ein normales Schweinekotelett kostete 2016 nach einer Marktanalyse des Thünen-Instituts in Braunschweig etwa 4,70 Euro pro Kilo. Oft sind sie sogar noch günstiger zu bekommen - wegen der vielen Sonderangebote. Koteletts vom Hof Mörixmann kosten im Laden etwa sieben Euro pro Kilo - und damit immer noch weniger als die Hälfte von Bio-Ware.
Tierwohllabel-Fleisch 20 Prozent teurer
Fleisch mit dem geplanten staatlichen Tierwohllabel wird nach Schätzungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums etwa 20 Prozent mehr kosten als herkömmliche Ware. Dafür sollen die Tiere etwas besser gehalten werden, als es die Gesetze bislang vorschreiben, und zum Beispiel etwa 30 Prozent mehr Platz erhalten.
Eine Vergrößerung des Platzangebotes für Schweine führe zu "wesentlich höheren Gebäudekosten" und sei deshalb besonders teuer, erklärt das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL). Der Verein berät unter anderem das Bundeslandwirtschaftsministerium und berechnet regelmäßig die Kosten unterschiedlicher Aspekte von Tierhaltungen.
Stroh kostet die Landwirte viel
Auch die Haltung auf Stroh gehört nach Angaben des KTBL zu den kostenintensiven Maßnahmen für mehr Tierschutz im Stall. Etwas günstiger sind demnach die Einführung offener Tränken oder mehr Beschäftigungsmöglichkeiten in den Stallabteilen - wie Spielzeug oder Wühltürme für Schweine.
Umfragen ergeben immer wieder, dass Verbraucher bereit sind, mehr Geld für solche Tierschutzmaßnahmen auszugeben. So hat der Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums 2017 gezeigt, dass angeblich knapp 90 Prozent mehr Tierwohl wünschen und auch mehr dafür zahlen würden.
Nur ein Prozent Bio-Schweinefleisch
Doch zumindest beim Bio-Fleisch zeigt sich diese Haltung bislang nicht an der Ladenkasse. Nach Schätzungen des Deutschen Bauernverbandes stammt nur etwa ein Prozent des Schweinefleisches aus ökologischer Haltung, noch weniger Fleisch kommt demnach aus Haltungen, die mit Tierwohllabeln wie zum Beispiel Neuland gekennzeichnet wurden.
Landwirte, die ihre Tiere besser halten wollen, müssen einen langen Atem haben. Schweinehalterin Gabriele Mörixmann erzählt, zunächst musste sie einen Schlachthof finden, der separat schlachtet, dann eine Verarbeitung und schließlich ein Handelsunternehmen, das ihr Fleisch auch anbieten möchte.
Landwirtin: Auch Ohren und Füße müssen Geld bringen
Mörixmann sagt, sie müsse nicht nur Kotelett und Filet teurer vermarkten, um die Kosten wieder reinzuholen, sondern auch den Rest vom "Ohr über das Schwänzchen bis zu den Füßen". Die würden deutsche Verbraucher aber nicht essen, und im Ausland spiele Tierwohl kaum eine Rolle. Deshalb gehe es nicht ohne Wurstfabriken, die ihr Fleisch abnähmen, so Mörixmann. Wenn ein Tier sein Leben lasse, müsse man es schließlich möglichst ganz verwerten.
Die Landwirtin möchte niemanden verurteilen, trotzdem ist sie oft traurig darüber, dass viele Verbraucher sich zwar mehr Tierwohl wünschen, am Ende aber nicht dafür zahlen. Wenn niemand ihr Fleisch kaufe, müsse sie die Strohabteile wieder dicht machen, so Mörixmann, auch wenn es ihr das Herz brechen würde. Aber es sei eben niemandem damit geholfen, wenn ihr Betrieb sich in den Ruin wirtschafte.