Umstrittene Förderung: Millionen für den Wolfszaun
Die Arbeitsstunden von Schäfer Klaus Otto Magnussen haben sich im vergangenen Jahr vervielfacht. Denn seit März 2019 gelten für Schafhalter in Schleswig-Holstein neue Vorschriften. In vier Landkreisen müssen die Schäfer sogenannte wolfsabweisende Zäune anbringen. Wenn sie das nicht tun, dann entschädigt das Land nicht mehr für vom Wolf gerissene Schafe. Solche wolfsabweisende Zäune sind mindestens 90 Zentimeter hoch, unter Strom gesetzt und bestehen entweder aus einem Netz oder aus fünf einzelnen Drahtseilen. Zum Vergleich: Bisher setzten die meisten Schäfer Zäune ein, die nur aus einem einzelnen Drahtseil bestanden.
Wer den Wolf will, soll für den Wolf zahlen
Seine 200 Schafe bringt Klaus Otto Magnussen regelmäßig auf neue Weiden. Daher muss er ständig neu einzäunen und das kann mit den neuen Zäunen für eine Weide bis zu fünf Stunden dauern. Im Jahr kommt er so auf 800 bis 1.000 zusätzliche Arbeitsstunden. Zwar stellt das Land Schleswig-Holstein ihm die Zäune kostenlos zur Verfügung, doch für die geleistete Mehrarbeit bekommt er keine Entschädigung. Und das ärgert ihn: "Wenn die Gesellschaft den Wolf will, dann muss die Gesellschaft auch das bezahlen, denn es macht keiner irgendwo etwas umsonst."
Der schleswig-holsteinische Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) ist nicht bereit, die Schäfer für diese Arbeit zu entschädigen. Die Bereitstellung der Zäune sei schon Beitrag genug: "Hier geht die Allgemeinheit einen großen Schritt auf die betroffenen Halterinnen und Halter zu und sorgt dafür, dass die Prävention mitgetragen wird. Dazu gehört aber eben auch der Teil der Halter, das Aufstellen und Pflegen dieser Zäune mit zu gewährleisten."
Zäune nicht wolfssicher
Doch nicht nur die Mehrarbeit stört Schäfer Magnussen an den Zäunen. Sie seien auch nicht wolfssicher. Im vergangenen Jahr wurden vier seiner Schafe gerissen, trotz Wolfszaun. Der Wolf war offenbar einfach über den Zaun gesprungen. Einen 100-prozentigen Schutz könne auch der Wolfszaun nicht bieten, sagt auch Frank Faß. Er leitet ein Wolfcenter in Niedersachsen und hat ein Buch zum Thema Herdenschutz verfasst. "In den vergangenen 20 Jahren gab es vereinzelte Wölfe, die sich getraut haben, über solche Zäune hinweg zu springen wie eben auch im Lande Schleswig-Holstein." Dieser eine Wolf hat im vergangenen Jahr 53 Schafe gerissen. Auch Tiere von Magnussen waren dabei.
Der Wolfszaun in Schleswig-Holstein ist ein echtes Dilemma: Er soll allen gerecht werden - Wolfsgegnern und Wolfsbefürwortern. Im Moment jedoch trennt er beide Lager mehr, als dass er sie vereint.