Stand: 08.10.2019 17:28 Uhr

Neue Gefahren durch Asbest

von Jörg Hilbert & Timo Robben

Asbest war bis in die 1990er-Jahre auch in Deutschland ein beliebter Baustoff. Asbest wurde unter anderem eingesetzt in Faserzementplatten, Fliesenklebern, Brandschutztüren sowie in Putz- und Spachtelmassen. In tausenden Produkten kam er zum Einsatz. Er ist hitzebeständig und langlebig, galt deshalb lange als "Wunderfaser". Und das, obwohl seine Wirkung auf den Menschen schon lange bekannt war. Die Fasern, einmal eingeatmet, sind krebserzeugend. Deshalb wurde die Verwendung von Asbest 1993 in Deutschland verboten.

VIDEO: Asbest: Neue Probleme mit dem alten Gift (11 Min)

Vorsicht bei älteren Gebäuden

Eine Asbestfaser liegt unter dem Mikroskop. © dpa Foto: Wildlife/D. Harms
Asbestfasern, die noch häufig in älteren Gebäuden stecken, sind bei Freisetzung krebserzeugend und bleiben dennoch oft unerkannt.

Doch mit dem Verbot allein wurde das Problem nicht gelöst. Asbest steckt immer noch in älteren Gebäuden. Und der Umgang vieler Handwerker damit ist nach wie vor leichtsinnig. So kommt es bei Sanierungen und Abbrucharbeiten oft zu gefährlichen Faserfreisetzungen. Schleift ein unachtsamer Handwerker asbesthaltigen Fliesenkleber ab, um eine schöne Oberfläche für die neuen Fliesen zu bekommen, verunreinigt er die ganze Wohnung mit Millionen Asbestfasern. Und die Bewohner müssen es noch nicht einmal bemerken. Die Fasern schmecken nicht, riechen nicht und sind in der Raumluft nicht mit dem bloßen Auge zu erkennen.

Untersuchungen selten

Das Problem: Es gibt keine bundesweit vorgeschriebene Pflicht ältere Materialien zu untersuchen, bevor sie bearbeitet werden. Es wird daher meist einfach drauflos gewerkelt. Damit gefährden Handwerker und Bauarbeiter sich selbst und andere. Wer das als Auftraggeber nicht will, der sollte auf einer Asbest-Untersuchung vor Sanierungsbeginn bestehen und sich auch nicht beschwichtigen lassen. Ein "das haben wir immer so gemacht" schafft keine Sicherheit.

Genauer hingeschaut

Dabei ist der unsachgemäße Umgang mit Asbest ist verboten. Bei Bauprojekten in größeren Gebäuden wird deshalb oft besser hingeschaut und untersucht, bevor die Arbeiten beginnen. Doch selbst in solchen Fällen werden immer wieder Menschen durch die gefährlichen Fasern gefährdet. Oftmals eine Folge von Kostendruck und mangelnden Kontrollen. Panorama-Reporter konnten in den vergangenen Jahren einige Asbest-Skandale aufdecken.

Alt, marode und gefährlich

Mit der Alterung von Gebäuden verschärfen sich oft die Probleme: Es kann unbemerkt zur Freisetzung von Fasern in die Raumluft kommen.

Im November 2018 musste der NDR in Hamburg ein Bürohochhaus für 300 Mitarbeiter räumen. In der Raumluft waren bei Messungen Asbestfasern nachgewiesen worden. Der NDR teilt dazu mit: "Das Vorhandensein von Asbest war bekannt, nicht aber der Eintrag in die Raumluft." Offenbar waren die Abdichtungen von mit Stopfasbest gefüllten Fugen beschädigt und so konnten die Fasern in die Raumluft gelangen. Wie lange das schon so war, das kann keiner genau sagen.

Ähnlich verhält es sich bei einem überraschend im Dezember 2018 geräumten Schulzentrum in Reinbek. Hier war bei vorbereitenden Untersuchungen für eine Sanierung Asbest in der Raumluft entdeckt worden. Die Fasern stammen aus alternden asbesthaltigen Platten in der Fassade.

Die Stadt Reinbek will jetzt alle Schulen und alle öffentlichen Gebäude auf Asbest untersuchen lassen. Auch der NDR lässt jetzt all seine Gebäude untersuchen. Vorgeschrieben ist so etwas nicht. Und so sitzen viele Menschen im Asbeststaub, ohne es zu bemerken.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 08.10.2019 | 21:15 Uhr

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