Handy: Gefahr am Steuer
Schnell noch Mails checken, Facebook füttern, Nachrichten bei WhatsApp schreiben. Viele Autofahrer werden durch Lesen und Tippen auf Smartphones abgelenkt. Die Ablenkung durch Smartphones hat nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Damit werden diese Fahrer zu einem ernsthaften Verkehrsrisiko. Das Problem ist bekannt, getan hat sich allerdings bislang wenig, kritisieren Experten.
Neue Studie: Fahrer abgelenkt
Für eine neue Studie haben Wissenschaftler der Technischen Universität Braunschweig mehr als 10.000 Fahrer in Hannover, Berlin und Braunschweig beobachtet. "Wir haben etwa vier Prozent gefunden, die telefoniert haben und 4,5 Prozent, die ihr Smartphone in der Hand hatten und etwas getippt haben", sagt Verkehrspsychologe Mark Vollrath schon vor Veröffentlichung der Studie zu Panorama 3. "Vom Telefonieren her liegen wir recht vergleichbar mit USA oder England, bei der Smartphone-Nutzung höher", sagt er.
Vollrath führt den Anteil unzulässiger Handynutzung auf die stark gestiegene Zahl von Handys in Deutschland zurück. Er kritisiert aber auch ein fehlendes Problembewusstsein "Den Menschen scheint nicht klar zu sein, wie gefährlich Tippen auf dem Handy ist." Problembewusstsein allein reiche nicht. "Man hört erst damit auf, wenn es zu negativen Konsequenzen führt", sagte Vollrath. Der Verkehrspsychologe forderte erneut eine Überarbeitung der gesetzlichen Regelung.
Problem? Bekannt! - Konsequenzen? Fehlanzeige
Ein Problem, das bekannt ist. Schon vor einem Jahr forderte Vollrath bei Panorama 3, den Verfolgungsdruck auf Handy-Sünder zu erhöhen. Ein Problem: Die Polizei liest die Daten nur selten aus. Könnte die Polizei auf die Daten auf den Handys zugreifen, wäre die Beweisführung klar, sagte Vollrath.
Immer wieder gibt es Kampagnen, die vor der Handynutzung am Steuer warnen wollen. Niedersachsen will seine zwei Jahre alte Kampagne "Tippen tötet" ausweiten. Unter anderem sollen Plakate an Autobahnbrücken Fahrer davon abbringen, am Steuer zu simsen. Doch Appelle ans Gewissen allein würden kaum etwas bringen, so Mark Vollrath. Nur zusammen mit häufigeren Kontrollen lasse sich ein Problembewusstsein zu schaffen.
Wie viel im Alltag tatsächlich auf dem Handy getippt wird, ist schwierig zu sagen. Schätzungen von Versicherungen gehen davon aus, dass jeder fünfte Unfall auf Tippen am Steuer zurückzuführen ist. Nur einzelne Bundesländer führen über die Handy-Verstöße, die zu Unfällen geführt haben, eine Statistik. "Wir brauchen dringend mehr Daten über die Ablenkung bei Unfällen, um hier wirklich gezielt Gegenmaßnahmen ableiten zu können", so Vollrath.
Die Zahlen zu Verkehrstoten aber sind eindeutig: Vvon 2014 auf 2015 ist sie bundesweit um drei Prozent gestiegen. Das ist eine Entwicklung, die es seit 1991 nicht mehr gab. Auch europaweit ist Anzahl der Verkehrstoten laut EU-Kommission erstmals seit 2001 angestiegen. Brüssel fordert zum Beispiel Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen. Denn die Ablenkung durch das Telefon etwa sei ein großes Problem.
In Norddeutschland ist die Zahl der Verkehrstoten in Niedersachsen im zweiten Jahr in Folge gestiegen. Laut Verkehrswacht und Innenministerium ist Ablenkung immer häufigere Ursache. Die Zahl der Verkehrstoten in Mecklenburg-Vorpommern ist 2015 ebenfalls gestiegen. In Schleswig-Holstein gab es im vergangenen Jahr weniger Verkehrstote, aber mehr Unfälle und Verletzte.
Gefahr für Fußgänger
Übrigens: Das Problem Smartphone weitet sich aus - auf Fußgänger. Eine aktuelle Studie der Dekra Unfallforschung zeigt, dass Smartphones jeden sechste Fußgänger in europäischen Großstädten ablenken. Die Polizei stuft das als gefährlich ein. Ein Bußgeld drohe aber nicht - anders als bei der Handynutzung am Steuer. Mehr als jeder fünfte Verkehrstote in der Europäischen Union ist ein Fußgänger.