Stand: 12.06.2018 13:50 Uhr

Furcht vor Hooligans bei der WM

von Hendrik Maaßen, Inga Mathwig, Nino Seidel & Ole Zeisler
Bei der EM in Frankreich 2016 verletzten russische Hooligans viele in der Hafenstadt Marseille. © Screenshot
Russische Hooligans versetzten vor zwei Jahren während der EM in Frankreich Marseille in Angst.

Kampfmaschinen statt angetrunkener Jahrmarktschläger: Die Ausschreitungen russischer Hooligans bei der Fußball-Europameisterschaft vor zwei Jahren offenbarte eine neue Hooligan-Generation. Durchtrainierte Kampfsportler, die gut organisiert zuschlugen. Mit kleinen Kameras um die Brust prügelten sie sich durch die französische Hafenstadt Marseille. Die rivalisierenden britischen Hooligans überrannten sie genauso wie die französische Polizei. Dutzende wurden verletzt, manche zum Teil schwer. Die Bilder überschatteten die EM 2016. Für die russischen Hooligans war es der größte Sieg, seither gelten sie als die brutalsten Europas. Werden sich die Szenen aus Marseille nun bei der FIFA WM in Russland wiederholen?

VIDEO: Furcht vor Hooligans bei der WM (12 Min)

Wer sind die "neuen" Hooligans?

In einer gemeinsamen Recherche mit der Sportredaktion machen wir uns auf die Suche nach diesen "neuen Hooligans". Wer sind diese Menschen? Über soziale Medien kommen wir schnell mit der deutschen Szene in Kontakt - offen sprechen will aber keiner. Zusagen werden immer wieder zurückgezogen. Nach langem Hin und Her treffen wir einen jungen Mann aus dem Spektrum der Dynamo Dresden Hooligans. Sein Gesicht verbirgt er hinter einer Sturmhaube. Er will unbedingt zur WM reisen: "Ich weiß nicht, ob ich durch meine Registrierung bei der Polizei ein Ticket bekomme, aber zur Not reise ich auch ohne Ticket an." Von den russischen Hooligans spricht er voller Respekt: "Die spielen in einer ganz anderen Liga als wir." Trotzdem will er die Auseinandersetzung mit ihnen suchen. "Entweder steht man seinen Mann oder steht als Feigling da. Und wir stehen halt unseren Mann, auch wenn wir kassieren."

Abschreckung durch Polizeipräsenz

Mathias Ballentin, Polizist © Screenshot
Mathias Ballentin, Polizist, wird nach Russland reisen, um dort die Kollegen zu beraten.

Die deutschen Behörden wollen verhindern, dass Hooligans wie der Dresdner ausreisen. Am Rande eines der letzten Bundesliga-Spiele der Saison sind wir mit dem Zivilpolizisten Mathias Ballentin am Kölner Stadion unterwegs. Er kennt die Szene bestens. Und er reist als einer von fünf Beamten mit zur WM nach Russland. "Wir beraten die Russen vor Ort und sagen denen: Guckt, das hier ist ein deutscher Störer." In deutschen Polizeiuniformen werden sie vor allem im Umfeld der Spiele der Nationalmannschaft im Einsatz sein. Allein ihre Anwesenheit soll abschrecken: "Schaut, die deutsche Polizei ist hier, wir haben euch auf dem Kieker. Ihr seid hier nicht anonym", bemerkt Ballentin.

"Ich bezweifle, dass sie den Mut dazu haben"

Und was tun die russischen Sicherheitsbehörden für eine friedliche WM? Was planen die russischen Hooligans? Immer wieder hören wir von restriktivem Vorgehen der Behörden, von Hausbesuchen und Gewalt zur Einschüchterung. Das Bild einer friedlichen Weltmeisterschaft soll um die Welt gehen und Russlands Stärke demonstrieren. In Moskau gelingt es uns ein Treffen mit einem aktiven russischen Hooligan. Er führt eine der Fangruppen von ZSKA Moskau an und gibt sich entspannt. "Wir müssen nichts mehr beweisen. Jetzt sind die anderen an der Reihe", sagt er in Richtung der ausländischen Hooligans. "Aber ich bezweifle, dass sie den Mut dazu haben."

Doch auch er muss zugeben, dass die konsequente Verfolgung der russischen Hooligans im Vorfeld der WM Wirkung zeigt: "Wir haben Familien, Jobs. Das alles auf Spiel zu setzen, nur um einem Engländer mal kurz das Gesicht zu polieren (…) Das Risiko eine Haftstrafe zu bekommen, spielt natürlich eine Rolle."

Deutsche Polizei rechnet mit hundert gewaltsuchenden Störern

Wird es also eine friedliche Weltmeisterschaft? Britische Hooligangruppen haben im Internet schon zur Revanche für Marseille  aufgerufen. Doch die Fan-ID soll verhindern, dass bekannte Gewalttäter überhaupt einreisen können. Die deutsche Polizei rechnet mit rund hundert gewaltsuchenden Störern, die aktuell versuchen nach Russland zu fahren. Gegen acht Personen wurde eine Ausreisesperre ausgesprochen. Vieles spricht gegen ein Bild der Gewalt wie in Marseille.

Ein Fan von ZSKA Moskau spricht verdeckt mit Panorama 3. © Screenshot
"Wir müssen nichts mehr beweisen. Jetzt sind die anderen an der Reihe", sagt ein Hooligan und Fan von ZSKA Moskau.

"Ich bin mir absolut sicher, dass die WM sauber ablaufen wird", sagt der russische Hooligan. "Es wird keine größeren Zusammenstöße geben." Wenn, dann gebe es nur kleinere Scharmützel abseits der Zentren.

Zumindest scheinen die russischen Behörden alles im Blick zu haben: Als der russische Hooligan nach unserem Interview nach Hause fährt, wird er dort von drei Beamten empfangen.

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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 12.06.2018 | 21:15 Uhr