Ein gefährlicher Weg
Immer mehr Flüchtlinge versuchen auf der sogenannten "West-Balkan-Route" nach Westeuropa zu gelangen. Von Griechenland aus durchqueren sie Mazedonien und Serbien, um dann über Ungarn nach Österreich, Deutschland oder Skandinavien zu gelangen. Die Route, die größtenteils zu Fuß zurückgelegt wird, birgt viele Risiken. Und diese nehmen zu.
Während 2012 nur rund 6.400 Menschen bei dem Versuch aufgegriffen wurden, die EU-Außengrenzen auf diesem Weg zu passieren, waren es laut der EU-Grenzschutzagentur "Frontex"2013 schon fast 20.000, 2014 knapp 44.000 und allein zwischen Januar und Mai 2015 bereits mehr als 50.000 Flüchtlinge. Von Thessaloniki in Nordgriechenland bis Wien sind es fast 1.200 Kilometer. Den Großteil dieser Strecke bewältigen die Flüchtlinge zu Fuß.
Dabei muss man bedenken, dass die allermeisten von ihnen schon eine wochen- oder monatelange Flucht hinter sich haben - aus Syrien, verschiedenen afrikanischen Staaten oder sogar Afghanistan. Viele sind nach der Überquerung des Mittelmeers und/oder halb Asiens daher bereits völlig entkräftet, wenn sie auf dem Balkan ankommen.
Prekäre Lage in Mazedonien
Besonders prekär ist die Lage in Mazedonien: Nachdem die Regierung Flüchtlingen den Erwerb von Bus- und Bahntickets untersagt hat, schlagen sich einige mit Fahrrädern durch, die angeblich von Schleusern für rund 200 US-Dollar angeboten werden. Laut Medienberichten gibt es dadurch einen Boom bei Fahrradherstellern und Werkstätten entlang der griechisch-mazedonischen Grenze. Teilweise würden die Räder, die Flüchtlinge an der serbischen Grenze meist zurücklassen, von Schleusern wieder nach Süden gebracht, um sie dort den nächsten Ankömmlingen erneut zu verkaufen.
Trügerischer Schutz
Wieder andere folgen im trügerischen Schutz der Dunkelheit Eisenbahnschienen, da diese eine ideale Wegführung bieten. Allerdings geht es eben auch durch enge Schluchten oder Tunnel - wodurch es immer wieder zu schweren Unfällen kommt. Im April wurden 14 Migranten, die überwiegend aus Afghanistan und Somalia stammten, südlich der mazedonischen Hauptstadt Skopje von einem Zug erfasst und kamen ums Leben.
Doch Unfälle sind nicht das einzige Risiko, weswegen die Strecke in unter Flüchlingen auch "Black Route - Todesroute" genannt wird: "In Mazedonien sind Flüchtlinge schweren Unfällen und Naturgewalten ebenso schutzlos ausgeliefert wie kriminellen Banden und skrupellosen Schleusern", erklärte der Sprecher des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, Adrian Edwards, kürzlich in Genf. Der Hintergrund: Viele Flüchtlinge haben ihr gesamtes Vermögen bar in US-Dollar oder Euro bei sich. Organisierte Kriminelle überfallen die Flüchtlingsgruppen und rauben sie aus.
Serbien gilt als Transitland
Etwas besser sieht es in Serbien aus, allerdings drohen auch hier Verhaftung und Abschiebung. In der Regel unternehmen die dortigen Behörden aber nicht allzu viel, da es sich bei Serbien nur um ein Transitland handelt. Allerdings stellen die bis zu 200 Neuankömmlinge täglich die Infrastruktur und Zivilbevölkerung im südlichen Serbien vor enorme Herausforderungen. Nahrung, medizinische Hilfe und Unterkünfte werden knapp.
Ungarns harscher Umgang mit Flüchtlingen
In Ungarn schließlich erreichen die Flüchtlinge dann die EU - oft bereits zum zweiten Mal, weil sie schon in Griechenland waren. Da Ungarn Teil des sogenannten Schengen-Raums ohne Grenzkontrollen ist, wäre die Weiterreise von hier aus auf dem Papier problemlos möglich. Zwar müssten die Flüchtlinge nach EU-Regularien dort Asyl beantragen, wo sie zuerst in die EU eingereist sind, doch die meisten halten sich nicht daran - zumal die Behörden unter der nationalkonservativen Regierung von Viktor Orbán für ihren besonders harschen Umgang mit Flüchtlingen berüchtigt sind. Einige deutsche Gerichte weigern sich angesichts der miserablen Zustände in den ungarischen Auffanglagern bereits, Flüchtlinge dorthin abzuschieben.
175 Kilometer langer Grenzzaun geplant
Laut der ungarischen Regierung sind 2015 bereits mehr als 60.000 Flüchtlinge illegal nach Ungarn gekommen. Die meisten sind aber in andere Länder weitergereist und müssten eigentlich zurückgenommen werden. Doch Ungarn hat jüngst angekündigt, die EU-Regeln zur Aufnahme von Asylbewerbern außer Kraft zu setzen - war aber dann wiederzurück gerudert.
Zudem hat Ungarn die Schließung seiner Grenze zu Serbien angekündigt, um einen 175 Kilometer langen Grenzzaun von vier Meter Höhe zu errichten. Die "Black Route" dürfte in Zukunft noch gefährlicher werden.