Sendedatum: 30.10.2018 21:15 Uhr

Bootslieferung an Saudis: Wolgast bangt um Werft

von Julian Feldmann & Leonie Puscher

Die "Peene-Werft" ist für die Kleinstadt Wolgast in Vorpommern der wichtigste Arbeitgeber. Die Werft baut derzeit an Patrouillenbooten für Saudi-Arabien. Nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul steht der Export von Rüstungsgütern jetzt erneut auf dem Prüfstand. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte einen Exportstopp an und auch Österreichs Außenministerin forderte ein europaweites Waffenembargo gegen das Königreich.

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Über 1000 Arbeitsplätze betroffen

Doch in der 12.000-Einwohner-Stadt Wolgast hängt viel an der Werft. Für Bürgermeister Stefan Weigler (parteilos) wäre ein Zusammenbruch der Werft dramatisch. Im strukturschwachen äußersten Nordosten der Bundesrepublik sind Industrie-Arbeitsplätze rar. "Die Werft ist der größte produzierende Betrieb – mit 300 Beschäftigten direkt vor Ort", sagt Weigler. Insgesamt hingen über 1000 Arbeitsplätze an der Schiffsproduktion.

Bürgermeister Stefan Weigler © NDR Foto: NDR
Der Wolgaster Bürgermeister Stefan Weigler appelliert an die Berliner Politik, den Erhalt der Werft im Blick zu haben.

Falls die "Peene-Werft" keine Küstenschutzboote mehr für die Saudis bauen darf, würde dies womöglich das Ende des Standorts in der Ostseestadt bedeuten. Denn für die nächsten zwei Jahre ist die Werft auf das Geschäft mit dem Königreich angewiesen. Neben dem Schiffbau ist der Tourismus das wichtigste Standbein für Wolgast. Doch auch die Hotels und Pensionen sind vor allem in den Wintermonaten auch von den Übernachtungen im Zusammenhang mit der "Peene-Werft" abhängig. Schon seit Anfang des Jahres ist die Belegschaft auf der Werft verunsichert von Nachrichten aus der Berliner Politik.

Exportstopp an Saudi-Arabien betrifft Peene-Werft

Denn die Diskussion um die Exporte nach Saudi-Arabien ist nicht neu. Nachdem in dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung ein Stopp für Rüstungsexporte an Staaten festgelegt wurde, die in den Jemen-Krieg involviert sind, stand die Produktion schon einmal auf der Kippe. Doch für die Exporte aus Wolgast gab es eine Ausnahmeregelung. Und das obwohl Saudi-Arabien sich an der Blockade der jemenitischen Häfen beteiligt, mit dramatischen Folgen für die hungernde Zivilbevölkerung. Auch viele Kinder sind betroffen. Journalisten des ARD Magazins Report München veröffentlichten Hinweise darauf, dass dafür auch Boote aus Wolgast eingesetzt werden könnten. Falls es tatsächlich zu einem vollständigen Exportstopp kommen sollte, fordert der Wolgaster Bürgermeister Weigler von den Verantwortlichen in Berlin Alternativen für die Region.

Bundesregierung prüft weiteres Vorgehen

Ob und wann wieder Schiffe nach Saudi-Arabien geliefert werden dürfen, steht noch nicht fest. "Die Bundesregierung wird das weitere Vorgehen jetzt prüfen und besprechen", teilt ein Sprecher des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage von Panorama 3 mit. Die Bundesregierung drängt auf eine europäische Lösung: "Es hätte keine Folgen positiver Art, wenn die Bundesregierung keine Rüstungsexportgenehmigungen mehr erteilt, aber gleichzeitig andere Länder diese Lücke füllten", heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Für Wolgast bedeutet das weitere Wochen des Wartens und Bangens.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 30.10.2018 | 21:15 Uhr

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