Betrug mit falschen Textnachrichten
Längst nicht jede Nachricht auf dem Handy, die vorgeblich von der Tochter oder dem Sohn kommt, muss echt sein. Findige Betrüger nutzen die Sorge um die eigenen Kinder skrupellos aus und ergaunern damit Millionen.
So oder so ähnlich lauten die Nachrichten, die Betrüger massenhaft an Handynummern per SMS oder WhatsApp versenden: "Hallo Papa (oder 'Hallo Mama'), mein Handy ist kaputt, das ist meine neue Handynummer, kannst Du mir eine Nachricht per WhatsApp schicken?" Wer antwortet, bekommt kurze Zeit später weitere Nachrichten. Der vermeintliche Sohn oder die vermeintliche Tochter versucht nun das Vertrauen des Opfers zu erschleichen.
Überweisung ergaunern
Immer mit einem Ziel: Der Adressat soll Geld auf ein ihm unbekanntes Konto überweisen. Dafür erfinden die Täter Geschichten wie diese: Das Onlinebanking funktioniere nicht, es müsse aber schnell eine Rechnung beglichen werden, am besten per Echtzeitüberweisung. Viele Eltern helfen gerne aus und tappen in die Falle.
Wolfgang Gerdes aus Niedersachsen ist Opfer dieser Masche geworden und will nun andere warnen. Ihn haben die Täter dazu gebracht, 2.720 Euro zu überweisen, auf ein Konto bei einer Bank in Deutschland, angeblich für eine "alte Wartungsrechnung". Als er den Betrug bemerkt, ist es zu spät, das Geld ist längst auf dem von den Betrügern genutzten Geldwäschekonto. Für Gerdes eine traumatische Erfahrung: "Da war zuerst die Wut, dass ist, dass man reingefallen ist. Dann der Ärger über den Verlust des Geldes. Und später kam eine tiefe Verletztheit. Eigentlich auch, dass man in der Persönlichkeit verletzt ist."
Zahlen steigen
Das Landeskriminalamt in Niedersachsen beobachtet einen sprunghaften Anstieg solcher Taten. Im vergangenen Jahr waren es in Niedersachsen im Schnitt 750 Taten monatlich mit insgesamt fünf Millionen Euro Schaden. In diesem Jahr waren es bereits im Schnitt 1.400 Taten im Monat mit insgesamt schon jetzt 1,5 Millionen Euro Schaden. Im gesamten Norden ist die Tendenz ähnlich.
In den meisten Fällen versuchen die Täter ihre Opfer schnell zu überrumpeln. Wer obendrein noch die angeblich neue Nummer unter dem Namen des eigenen Kindes abspeichert, glaubt schnell, dass alles in Ordnung sei. Kriminalhauptkommissar Hans-Joachim Henschel vom LKA Hannover warnt vor unüberlegten Überweisungen. Es gebe keinen Grund die vermeintliche Rechnung eines Angehörigen sofort zu überweisen. Er empfiehlt: "Zuerst in Ruhe nachfragen beim echten Kind. Die Originalnummer, die ich noch eingespeichert habe, anrufen, mit dem Kind sprechen und fragen, ist das wirklich deine Rufnummer?" Dann würde sich in der Regel herausstellen, dass hier jemand betrügen wolle.
Bankkonten in Deutschland
Viele Taten werden über Konten in Deutschland abgewickelt. Für Rechtsanwalt Achim Tiffe aus Hamburg ist das Teil der Masche: "Das deutsche Konto ist eigentlich nur dazu da, damit die Leute das Gefühl haben, das wird schon in Ordnung sein. Das ist so in der räumlichen Nähe. Das geht jetzt nicht irgendwo ins Ausland."
Von dem deutschen Konto würden die ergaunerten Gelder schnell weitergeleitet und seien auch für die Polizei nicht mehr nachverfolgbar, so der Rechtsanwalt, der viele Betrugsopfer vertritt. In den meisten Fällen sind die Kontoinhaber nicht die Täter, sondern Geldwäscher, die ihr Konto freiwillig gegen Bezahlung oder arglos zur Verfügung stellen.
Ein seltener Fall
Wolfgang Gerdes hat zumindest eine Chance, dass er einen Teil seines Geldes zurückerhält. Nachdem er den Betrug bemerkt hatte, informierte er sofort seine Kreissparkasse und die Polizei. Die ließ das Geldwäschekonto umgehend sperren. Nun hat ein Ermittlungsrichter die Hand auf dem Geld. Nach Abschluss des Verfahrens könnte Wolfgang Gerdes es wieder auf seinem Konto haben. Ein sehr seltener Fall, in der Regel sind die Gelder der Opfer weg.