Betreuungskräfte pflegen - trotz Verbot
Betreuungskräfte in Pflegeheimen sollen ein zusätzliches Angebot für die Bewohner bieten, deren Fähigkeiten erhalten und für Abwechslung im Alltag sorgen. So die Theorie, als das Pflegestärkungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe eingeführt wurde. Deshalb wurden zusätzliche Betreuungskräfte eingestellt.
Die Realität jedoch sieht anders aus: "Ich als Betreuungskraft nenne uns gerne die Huren der Altenheime. Uns darf jeder benutzen wie er möchte", so beschreibt es eine Betreuungskraft aus Niedersachsen. Denn was vom Gesundheitsministerium als große Verbesserung der Pflegesituation angekündigt wurde, wird wohl häufig missbraucht.
Pflegen statt Malen
In den Richtlinien für die sozialen Betreuer ist klar aufgelistet, welche Tätigkeiten von diesen zusätzlichen Kräften übernommen werden sollen: Malen, Basteln, Singen, Spazieren gehen und Vorlesen. Ziel ist es, durch solche Angebote den Bewohnern eines Alten- und Pflegeheims mehr Zuwendung zu geben, denn dafür bleibt den Pflegekräften oft keine Zeit. Doch anscheinend sehen sich viele Betreuungskräfte gezwungen, auch regelmäßig pflegerische Aufgaben zu übernehmen, obwohl sie dafür nicht ausgebildet sind: sie füttern bettlägerige Bewohner, geben dabei auch die Medikamente, helfen den Senioren bei Toilettengängen oder setzen sie vom Bett in den Rollstuhl.
Patricia Drube vom Berufsverband Pflegeberufe hört so etwas immer wieder von Betreuungskräften. "Die Gefahr ist, dass es zu Pflegefehlern kommt, zum Beispiel wenn jemand nicht weiß, wie man jemanden vom Rollstuhl auf die Toilette heben muss. Da könnte es im schlimmsten Fall zu einem Sturz des Bewohners kommen. Aber die Gefahr, die ich fast noch schwerwiegender einschätze ist, dass die Betreuungskräfte einfach über ihre Grenzen gehen", so Drube.
Großer Druck
Betreuungskräfte stopfen die Lücken, die der Pflegenotstand reißt. Da die Pflegekräfte häufig nicht ausreichen, müssen die sozialen Betreuer mit anpacken. Laut Richtlinie soll dies nur ausnahmsweise erlaubt sein. Doch die Richtlinie scheitert am Fachkräftemangel. "Wenn man sich weigert, wird’s von niemandem gemacht. Und dann sitzt man zu Hause und denkt, der Bewohner hat wegen mir keine Abendessen gekriegt. Und dann macht man es am nächsten Tag", schildert Sandra Markowski ihr Dilemma. Sie hat die Arbeit als Betreuungskraft inzwischen aufgegeben. Ihr wurde der Druck einfach zu groß.
Die Qualität der Pflege leidet
Für Heimbetreiber sind die Betreuungskräfte aber tatsächlich ein Entlastung. Da die Kosten einer zusätzlichen Betreuungskraft von den Pflegekassen gezahlt werden, haben die Heime eine gratis Arbeitskraft, die sie einige von ihnen sowohl für die Pflege als auch für die Hauswirtschaft einsetzen. Das haben die Pflegekassen bereits 2012 in einer Umfrage unter Pflegheimen festgestellt. Denn obwohl die Pflegekassen die Betreuungskräfte bezahlen, haben sie kaum einen Einfluss auf ihren Einsatz: "Dass es immer wieder Klagen und Fälle gibt, ist ein Indiz dafür, dass einige Dinge in Pflegeheimen schief laufen. Ob das aber flächendeckend ist, welche Größenordnung das Problem hat, das wissen wir leider nicht. Wir stehen ja nicht in den Heimen. Was die Arbeitgeber mit ihren Angestellten machen, können wir faktisch nicht überprüfen", sagt Florian Lanz vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV).
Somit ist dieser Punkt der angekündigten Pflegestärkung wohl gescheitert. Denn wenn Betreuungskräfte Pflege- und Küchendienst machen, gibt es gleich zwei Nachteile: Es gibt keine zusätzliche Zuwendung für die Bewohner und die Qualität der Pflege leidet.