Stand: 10.04.2018 16:56 Uhr

Die schwierige Suche nach einem Bürgermeister

von Nil Cakmak und Dörte Petsch

Am 6. Mai 2018 sind Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein. Gewählt werden Gemeinde- und Kreisvertretungen, aus deren Reihen nachfolgend ein Bürgermeister aufgestellt wird. Doch für viele Gemeinden wird es immer schwieriger, geeignete Kandidaten zu finden, die Bürgermeister werden wollen. Denn das Amt des Bürgermeisters ist in Gemeinden, die weniger als 4.000 Einwohner haben, ein Ehrenamt. Das heißt: Bezahlt wird der Job nicht, obwohl er viel Zeit und Engagement fordert. Es gibt lediglich eine Aufwandsentschädigung.

VIDEO: Auf der Suche nach einem Bürgermeister (8 Min)

Pahlen sucht einen Bürgermeister

Im Amt Kirchspielslandgemeinden Eider (Kreis Dithmarschen) suchten bis vor kurzem noch 15 der 34 Gemeinden neue Kandidaten. Einige Dörfer konnten wohl inzwischen einen Nachfolger finden - nicht so der Ort Pahlen. Dabei hat der seit zehn Jahren amtierende Bürgermeister Jörg Patt bereits vor zwei Jahren ankündigt, dass er nicht erneut kandidiert. Doch noch immer sucht das Dorf einen Nachfolger.

Fehlende Bereitschaft

"Die Anforderungen für ehrenamtliche Bürgermeister sind gestiegen", erzählt der scheidende Bürgermeister Patt. Neben seinem vierzig Stunden Job als Polizist arbeitet er wie viele andere Bürgermeister zusätzlich oft weitere vierzig Stunden für das Ehrenamt. "Neben einem höheren Verwaltungsaufwand durch Gemeindezusammenlegungen, komplizierten EU-Anträgen für Fördermittel und veränderte dörfliche Strukturen ist der Bürgermeister zusätzlich noch Ansprechpartner fürs Dorf - von kleineren Nachbarschaftsstreitigkeiten bis hin zu kaputten Straßenlaternen und Stromausfällen in der Gemeinde", berichtet Patt.

Abschreckender Zeitaufwand

Pahlens Bürgermeister Jörg Patt © NDR Foto: Screenshot
Jörg Patt ist noch Bürgermeister von Pahlen - doch wer wird sein Nachfolger?

Das kostet jede Menge Zeit. Freie Sonn- und Feiertage kennt Jörg Patt daher nicht, auf jedem Fest und jeder Veranstaltung muss er zugegen sein. Potentielle Interessenten für das Amt schrecken vor diesem Zeitaufwand und dieser Verantwortung zurück. Mit einem anspruchsvollen Job und einer Familie ist das kaum noch zu vereinbaren. Manchmal fragt Jörg Patt sich, ob es heute überhaupt noch möglich ist, ein solches Amt ehrenamtlich auszuführen. "Das ist Realität - und nicht nur in Pahlen. Auch in anderen Gemeinden ist die Situation nicht anders als hier am Tisch. Und hier sitzen schon die engagierten Leute." 

Mehrheit im Norden arbeitet ehrenamtlich

Die Gemeinde Pahlen steht nur stellvertretend für viele Dörfer in Norddeutschland. Denn die Mehrheit aller Bürgermeiser arbeitet ehrenamtlich: In Schleswig-Holstein etwa gibt es 1.017 ehrenamtliche und 89 hauptamtliche Bürgermeister. In Niedersachsen gibt es 653 ehrenamtliche und 406 hauptamtliche Bürgermeister. Und in Mecklenburg-Vorpommern sind es 67 hauptamtliche und 683 ehrenamtliche Bürgermeister.

Jörg Bülow vom Gemeindetag Schleswig-Holstein betätigt, dass es immer schwieriger wird, Menschen für das Bürgermeisteramt zu begeistern. "Es würde sicherlich helfen, wenn die Gemeinden weniger bürokratische Vorgaben und ausreichend finanziellen Handlungsspielraum hätten", so Bülow. Es wäre wichtig, ehrenamtlichen Bürgermeistern das Gefühl zu geben, sie kämpften nicht allein, sondern die Ämter unterstützten sie.

Hat Pahlen bald keinen Bürgermeister mehr? 

Ob Pahlen bis zu den Kommunalwahlen einen geeigneten Kandidaten findet, ist ungewiss. Sollte es am Ende keinen Bürgermeister geben, muss die Gemeinde fremdverwaltet werden. In zwei Gemeinden des Amtes Kirchspielslandgemeinden Eider ist dies in der Vergangenheit schon vorgekommen. Das will hier keiner - und so denken einige Bürger aus Pahlen sogar schon darüber nach, Gemeinden zusammenzulegen. Dann wäre die 4.000-Einwohnermarke geknackt und aus dem Ehrenamt Bürgermeister könnte ein bezahlter Vollzeitjob werden. Noch sind das Träumereien. Noch hoffen sie, ohne Zusammenlegung einen Kandidaten zu finden.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 10.04.2018 | 21:15 Uhr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

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