Artensterben: Suche nach den letzten Rebhühnern
"Versuch doch mal, ein Rebhuhn vor die Kamera zu kriegen!" Mit diesem Auftrag hat Panorama 3 einen Reporter losgeschickt. Eine schwierige Aufgabe, sind doch laut einer Schätzung die Rebhuhnbestände seit 1980 um 94 Prozent zurückgegangen. Aber vielleicht wird es ja was in Ostholstein. Denn hier, kurz vor der Brücke nach Fehmarn, liegen die Ackerflächen von Paul Hay. Seit 300 Jahren ist der Hof in Familienbesitz. Hier gab es schon immer Rebhühner. Hays Großvater habe, so erzählt es der Enkel, in guten Jahren 300 der Vögel in einer Jagdsaison geschossen. Ohne dass die Population daran Schaden genommen hätte.
In den meisten Revieren gibt es gar keine Rebhühner mehr
Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute darf das Rebhuhn nicht mehr gejagt werden. Und Paul Hay, Mitglied des hiesigen Jagdverbandes, ist froh, wenn es im ganzen Revier noch 50 bis 60 Rebhühner gibt. In den meisten Revieren gibt es gar keine mehr. Damit die letzten Tiere überleben, versucht Hay den Tieren zu helfen. Wie er das macht, will er uns zeigen. Und vielleicht sehen wir dabei ja auch eines der scheuen Tiere.
"Hier kommen wir zu einer Fläche, wo ordentlich Rebhühner sind", erzählt uns Hay, "weil wir hier alles wachsen lassen." Auf einem Streifen, 20 Meter breit und 200 Meter lang, am Rande eines Rapsfeldes, hat er einen Wildacker angelegt. Hier blühen die unterschiedlichsten Pflanzen. Auf solchen Flächen sammeln sich viermal mehr Insekten als auf konventionellen Äckern. Und mit den Insekten kommen auch die Ackervögel - so wie das Rebhuhn. Doch uns zeigt es sich an dieser Blühfläche nicht.
Blühflächen werden gefördert
Das Land Schleswig-Holstein fördert solche Blühflächen, ersetzt den Bauern ihren Aufwand dafür. Laut Bauernverband Schleswig-Holstein ist die Blühflächenförderung im Bundesland jedoch mit bürokratischen Hürden verbunden. Sonst würden noch mehr Landwirte an dem Förderprogramm teilnehmen. Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) sieht das etwas anders: "Tatsächlich sind die Mittel für die Blühflächen eigentlich immer ausgebucht und müssen gedeckelt werden, weil wir eigentlich weniger Geld haben als Angebote. Das zeigt doch, dass die Bedingungen nicht wirklich so problematisch sind für die Landwirte."
"Haupttodesursache beim Rebhuhn ist der Fuchs"
Auch andere Bundesländer ergreifen Maßnahmen für den Artenschutz. An der Universität Göttingen erforscht Eckhard Gottschalk den Einfluss von Blühflächen auf Ackervögel. Ausgerüstet mit Feldstecher und Spektiv suchen wir die Ränder der Blühflächen ab. Nach braunen Köpfen sollen wir Ausschau halten. Rebhühner sind scheu - und haben auch natürliche Feinde. "Die Haupttodesursache beim Rebhuhn ist der Fuchs", erklärt Gottschalk. Und bei den meisten Flächen, die die Rebhühner zum Brüten zur Verfügung stehen, hat der Fuchs es leicht. Denn sie sind meist nur wenige Meter breit, die hat ein Fuchs schnell abgesucht. "Da überleben nur ein Viertel der Nester", so Gottschalk. "Das ist im Grunde eine Falle für das Rebhuhn."
Er fordert ein Umdenken: Weg von den schmalen Streifen am Feldrand, hin zu Blühflächen von mindestens 20 Metern Breite. Dann haben die Rebhühner wieder eine Chance.
Nach mehreren Stunden Suche haben wir Glück. Aus der Längsseite der Blühfläche tritt tatsächlich ein Rebhuhn und bleibt direkt vor unserer Kamera stehen. Damit hat auch unser Experte nicht gerechnet. "Das war jetzt ein richtiger Glücksfall." Ein seltener Glücksfall, solange Blühflächen wie diese nicht flächendeckend Realität werden.