Trumps Sieg und die Angst danach (Manuskript)
Anmoderation Anja Reschke: "Was für eine turbulente Zeit. Gestern Morgen war man noch damit beschäftigt, die Wahl in den USA zu verdauen, sich Gedanken zu machen, was das für die Welt, für uns bedeutet, die wurden aber wenige Stunden später von der nächsten Meldung dahin gefegt: Die deutsche Regierungskoalition zusammengekracht. Man kann das so schnell gar nicht sortieren.
Obwohl, wenn man kurz darüber nachdenkt, dann haben beide Geschehnisse auch eine Gemeinsamkeit. Der Glaube, dass die Demokratie die beste Form ist, Probleme zu lösen, schwindet gerade und zwar in erschreckendem Tempo. Unsere Regierung, die aus recht unterschiedlichen Partnern besteht oder besser bestand, hat es nicht vermocht, Kompromisse zu finden. Kompromisse, so langweilig und mühsam sie auch erscheinen mögen, sind aber Basis der Demokratie. Sich zusammenzuraufen, sich auch zurückzunehmen für ein großes gutes Ganzes.
In den USA sind es nicht Parteien, sondern ein ganzes Land, das sich in zwei Lager aufspaltet, die sich kompromisslos, schier unvereinbar gegenüberstehen. Für jede Seite geht es in allem um alles. Meine Kollegen und Kolleginnen haben Wähler beider Seiten begleitet: von den Tagen vor der Wahl, und die war ja tatsächlich erst vorgestern, bis heute."
Es ist jetzt Donald Trumps Amerika - seine politischen Gegner versetzt das in Angst und Schrecken.
O-Ton Kendrick Dazilma, Harris-Wähler: "Ich habe schon daran gedacht, das Land zu verlassen."
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Er hat eine Racheliste und er befürwortet Gewalt. Wie konntet ihr für diese Person stimmen."
Und seine Anhänger fordern, dass jetzt hart durchgegriffen wird.
O-Ton Jason Connover, Trump-Wähler: "Wenn du jemandem zur Strafe auf die Finger haust, schreckt ihn das nicht ab. Aber wenn du Erschießungskommandos hast, dann wird niemand mehr Verbrechen begehen."
Zerbricht die amerikanische Gesellschaft an ihren inneren Wiedersprüchen? Miami, Florida. Zwei Tage vor der Wahl. Hier liegt der Wahlbezirk Dade County, den die Demokraten seit 35 Jahren bei jeder Wahl für sich entschieden haben. Noch weiß niemand: Florida steht vor einem der größten politischen Erdbeben seiner jüngeren Geschichte. Robert und Marisol Cruz spüren sie schon, die Veränderung im Sunshine State. Sie sind Migranten, Latinos, Nachfahren kubanischer Einwanderer.
"Holen wir uns Amerika zurück"! heißt es auf der Fahne vor ihrer evangelikalen Kirche. Was für manche in Europa schwer vorstellbar ist - viele Latinos sehen Trump als eine Art Erlöser. Ihr Pastor besuchte ihn persönlich im Weißen Haus.
O-Ton Robert Cruz, Trump-Wähler: "Es ist eine große Ehre, dass unser Pastor ausgewählt wurde, um für den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu beten, einen Präsidenten, der so viel getan hat für unser Land und die ganze Welt."
Die Gemeinde ist konservativ, unter Evangelikalen hat Trump seine treuesten Unterstützer. Der Prediger vergleicht die Herausforderung für Christen bei dieser Wahl mit der Pflicht zum Widerstand im Nationalsozialismus.
O-Ton Prediger: "Stellen Sie sich vor, alle Kirchen in Deutschland damals. Glauben Sie, dass sie überhaupt wussten, was später geschehen würde? Sie wussten es nicht. 5 Millionen, 6 Millionen ermordete Juden. Also: am Dienstag können wir eine Entscheidung treffen."
Für die Gemeinde ist es eine Schicksalswahl: sie sind gegen Abtreibung, halten Kamala Harris für eine Gefahr.
O-Ton Robert Cruz, Trump-Wähler: "Wir müssen unsere Prinzipien hochhalten, dieses Land wurde auf einem biblischen Fundament gegründet. Wenn du Dich von Gott abwendest, dann hast Du keinen moralischen Kompass mehr. An Donald Trump gefällt mir, dass er an biblische Prinzipien glaubt, bei ihm kommt Jesus an erster Stelle."
Die Cruz‘ verkaufen Fenster, die Hurrikans standhalten sollen. Aber sie werben auch damit, dass die Scheiben Gewehrkugeln abhalten. Für sie der perfekte Schutz gegen illegale Migranten, die Kamala Harris ins Land gelassen habe.
O-Ton Robert Cruz, Trump-Wähler: "Dieses Fenster hat ein besonders dickes Spezialglas. Selbst wenn eine Kugel das Fenster trifft, und das Glas dann bricht, die Kugel kann nicht durch das Glas hindurch."
O-Ton Marisol Cruz, Trump-Wählerin: "Viele Leute kaufen unsere Fenster, weil sie ihre Häuser vor der Invasion schützen wollen. Die Grenze ist weit offen für all diese Kriminellen, die hierkommen und angeblich sind wir ja so ein schlimmes rassistisches Land, aber trotzdem will jeder hierher."
Einwanderer, die es in den USA zu Wohlstand gebracht haben: sie wollen das Land abschotten gegen die, die auf ein besseres Leben hoffen. Illegale Migranten müssen raus - sagen viele Latinos hier. Das hätten die Demokraten nie verstanden - im Gegensatz zu Donald Trump.
O-Ton Robert Cruz, Trump-Wähler: "Wenn jemand zu meinem Haus kommt, will ich, dass er an die Tür klopft. Ich will nicht, dass er einfach durchs Fenster steigt. Ist das falsch? Nein. Und so sollte es auch in unserem Land sein."
Zwei Tage später wird sich zeigen: bei Latinos legt Donald Trump bei dieser Wahl massiv zu.
Wisconsin, im Norden der USA. Am Sonntag vor der Wahl sagen die Umfragen noch ein knappes Rennen voraus. Straßenwahlkampf in Green Bay. Anna Igler ist Frauenärztin, hat einen Sohn und eine Tochter und erwartet in drei Wochen ihr drittes Kind. Die Demokratin setzt sich für das Recht auf Abtreibung ein, macht sogar Werbespots für Kamala Harris. Sie hofft, dass das Thema die Demokraten in Massen zu den Urnen treibt.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Das gehört zur Demokratie, dass man über sich selbst bestimmen kann. Das Abtreibungsverbot soll doch nur dazu führen, dass die Regierung die Kontrolle über weiblichen Körper bekommt. Und das ist nicht richtig."
Diese Anwohnerin hat schon für Kamala Harris gestimmt.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Können sie sich trotzdem dafür einsetzen, dass mindestens 5 ihrer Freunde auch zur Wahl gehen oder andere bitten, ihre Stimme abzugeben"
Auch das hat sie schon getan. Die Wahlhelfer sind zufrieden. Anna hat selbst bereits eine Abtreibung hinter sich. Ihr Kind hatte sich damals im Mutterleib mit einem Virus infiziert.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Als ich den Ultraschall sah, wusste ich als Ärztin sofort, dass mit meinem Kind etwas ganz Fundamentales nicht stimmte. Mein Mann und ich haben dann entschieden, unsere Tochter gehen zu lassen, wir haben abgetrieben. Wir haben das aus Gnade für sie getan, denn das Leben, dass sie gehabt hätte, wäre kein echtes Leben gewesen."
Vor vier Jahren verlor Anna ihr Kind. In dem Jahr siegte Joe Biden bei der Wahl gegen Donald Trump. Jetzt hoffen sie und ihr Mann Randy, dass bis zum Geburtstermin Ende November alles gutgeht. Diesmal ist alles in Ordnung. Anna macht sich Sorgen, dass der Wahlkampf sie zu sehr anstrengt.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Ich bin etwas nervös, dass die Wehen jetzt schon kommen wegen dieses ganzen emotionalen Stress. Deshalb habe ich vorzeitig gewählt, damit wir bereit sind.”
Das Football-Stadion der Greenbay Packers. Der Wahlkampf ist überall. Ein Werbebanner für die Demokraten: Trumps Zeit ist vorbei, jetzt ist Kamala Harris dran. Es wird sich bald zeigen, wie falsch diese Prognose ist. Was Anna Igler zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnt: das Thema Abtreibung wird nicht im Ansatz so viele demokratische Wähler mobilisieren wie erhofft.
Das Thema Wirtschaft schlägt alles: viele Amerikaner sorgen sich um ihre Existenz, wollen sich auch in Zukunft noch Footballtickets leisten können. Wenigstens für die Stunden des Football Spiels sind die Anhänger beider Seiten vereint. Noch zwei Tage bis zur Wahl. Bandera, Texas. Vor der Wahl mobilisieren die Republikaner im zweitgrößten Bundesstaat. Was hier wie politische Folklore wirkt, wird bald auch die Politik der USA massiv beeinflussen.
O-Ton John Mata, Trump-Wähler: "Trump hat bewiesen, dass er es kann. Er hat alle seine Versprechen erfüllt in seiner ersten Amtszeit. Und er wird das wieder tun."
So denken viele hier. Texas geht seit Jahrzehnten sicher an die Republikaner. Organisiert hat die Kundgebung Brandi Connover. Die Grundschullehrerin hat zwei Kinder und lebt mit ihrem Mann ganz in der Nähe. Bei der letzten Präsidentschaftswahl haben hier rund 80 Prozent für Trump gestimmt. Die Connovers wohnen im texanischen Hügelland, eine der vielen konservativen Gegenden der USA. Brandi und Jason haben ein Haus auf einem 40.000 Quadratmeter großen Grundstück. Bis zur Grenze zu Mexiko sind es rund 200 Kilometer. Donald Trump ist für sie ein Heilsbringer. Brandi und Jason glauben jedes Wort, das Trump sagt. Gerade ist er in Pennsylvania, einem der am heftigsten umkämpften Bundesstaaten.
O-Töne
Jason Connover, Trump-Wähler: "Wir haben hier jemanden, der jeden Tag für uns kämpft. Kamala Harris kriegt ja nicht mal zwei zusammenhängende Worte hin, geschweige denn ganze Sätze. Aber Trump ist jeden Tag da draußen und lügt nicht. Er sagt die Wahrheit."
Brandi Connover, Trump-Wählerin: "Es gibt so viele Dinge, die er getan hat, er hat die Wirtschaft nach vorne gebracht und wir haben davon profitiert. Und dann die Mauer. Sie sorgt dafür, dass die Leute legal zu uns kommen müssen."
Donald Trump hat seinen Anhängern viele Lügen erzählt. Auch die von der Verschwörung der Demokraten gegen das eigene Volk.
O-Ton Jason Connover, Trump-Wähler: "Die Republikaner sind die Partei Amerikas. Die Demokraten sind zutiefst unamerikanisch. Ihnen ist Amerika egal, sie pfeifen auf unsere Verfassung und unsere Gründerväter. Sie brennen Städte nieder, sie wollen unsere Geschichte verändern. Das hört sich für mich so an wie das berühmte Buch von George Orwell, 1984."
Orwells Utopie von der totalen Diktatur - die Connovers glauben, die Demokraten seien auf dem besten Weg in den USA ein solch perfektes Unterdrückungssystem zu errichten. Für sie ist Donald Trump der Retter der amerikanischen Demokratie. Atlanta, Georgia. Auch hier wird Kamala Harris verlieren. In dem Bundesstaat, in dem Bürgerrechtler Martin Luther King geboren wurde. Taxifahrer Kendrick Dazilma mit seiner Familie auf dem Weg zum Gottesdienst. Für ihn wird die Wahl sehr viel verändern - zum negativen.
O-Ton Kendrick Dazilma, Harris-Wähler: "Wenn ich den Satz "Make America great again” höre, frage ich mich oft, für wen? Wir machen Amerika wieder groß - aber nur für weiße Männer. Und es fühlt sich so an, als wollten sie die Uhr zurückdrehen. Und je weiter wir in die Vergangenheit zurückgehen, umso schlechter wird es für schwarze Menschen in diesem Land."
Einen Sieg von Donald Trump empfindet nicht nur er als politische Katastrophe. Am Sonntag vor der Wahl gleicht der Gottesdienst in seiner Gemeinde einer politischen Kundgebung.
O-Ton Wesley Knight, Pastor: "Sitzt am Dienstag nicht zu Hause rum, falls ihr noch nicht gewählt habt. Es ist unsere Pflicht als Christen in einer schwarzen Kirche das zu tun, was wir schon einmal in der Bürgerrechtsbewegung getan haben. Nämlich das Gewissen von Amerika aufzuwecken. Es kann gar nicht oft genug wiederholt werden, dass das hier ein historischer Moment ist. Ich glaube, dass Trump eine Gefahr für die Demokratie ist. Er hat schwarze Menschen immer unterdrückt. Er hält nicht viel von uns und das hat er nicht nur rhetorisch gezeigt, sondern auch in seinen politischen Taten."
Viele Entscheidungen Trumps haben in ihren Augen Weiße bevorzugt, seine harte Haltung gegen die Black-Lifes- Matter-Bewegung ist hier nicht vergessen. Kendrick fragt sich, wie soll er sein Kind erziehen unter einem Präsidenten Donald Trump?
O-Ton Kendrick Dazilma, Harris-Wähler: "Mein Sohn ist neun Monate alt. Neun Monate. Ich muss an seine Zukunft denken, ich hab sogar darüber nachgedacht in ein anderes Land zu ziehen zum Wohl meines Sohnes. Aber ich will das dieses Land sicher ist für meinen Sohn. Der Fakt, dass ich sogar darüber nachdenken muss, wegzuziehen, das ist schon sehr traurig."
Was sich bald zeigen wird: Kamala Harris mobilisiert weit weniger schwarze Wähler als Joe Biden vor vier Jahren. Mesa, Arizona. Auch im Südwesten der USA kämpfen Demokraten und Republikaner um jede Stimme. Sie beten für ihre Familie und dafür, dass Gott das ganze Land beschützt. Will und Chrystal Price sind Mormonen, konservative Christen. Sie haben ihr ganzes Leben immer republikanisch gewählt. Diesmal wollen beide für Kamala Harris stimmen. Trumps rücksichtslose Art haben sie noch lange toleriert. Aber seine Rolle beim Sturm aufs Kapitol hat ihre Einstellung verändert.
O-Töne
Christal Price, Harris-Wählerin: "Nach dem 6 Januar 2021, das war der große Weckruf für mich. Was da passiert ist, das war nicht ok."
Will Price, Harris-Wähler: "Ich finde nicht, dass er christliche Werte hat, um das klar zu sagen. Nächstenliebe kennt er nicht. Ich vermisse viele christliche Werte bei der gesamten republikanischen Partei."
Der Riss bei den Republikanern, es gibt ihn. Aber das wird Donald Trump nicht aufhalten. Der Tag der Entscheidung. In Texas fährt Jason Connover zum Wahllokal. Der Zugang für Kamerateams ist verboten. Jason ist voller Zuversicht. Sein Idol Donald Trump wird gewinnen. Jasons Frau leitet die Abstimmung im Wahllokal. Sie glaubt immer noch, dass die Demokraten betrügen wollen.
In Wisconsin begleitet Anna ihren Mann Randy zur Abstimmung. Sie hat ihre Stimme schon für Kamala Harris abgegeben. Allen hier ist klar: auch in Wisconsin steht diese Wahl auf Messers Schneide. Der Bundesstaat ist für einen Sieg der Demokraten extrem wichtig. Randy wählt diesmal die Demokraten, er ist aber kein Mitglied der Partei. Er tut es auch seiner Frau zuliebe.
O-Ton Randy, Harris-Wähler: "Ich war nie ein sehr politischer Mensch, aber Anna schlägt jetzt so viel Hass entgegen. Ganz ehrlich: ich hänge keiner Partei an, ich betrachte mich nicht als Demokraten oder Republikaner. Ich habe heute entlang meiner Werte gestimmt. Meine Stimme kann ich nicht jemandem geben, der nicht die Werte teilt, die ich meinen Kindern zu vermitteln versuche."
Ahnt die Frauenärztin Anna Igler am Wahltag schon, dass es vielleicht doch nicht reichen könnte? Anna hat schon Pläne für den Fall einer Niederlage.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Ich habe schon eine ärztliche Zulassung für Minnesota beantragt. Für den Fall, dass es für mich gefährlich wird, in Wisconsin zu praktizieren. Wegen der Gesetze hier. Minnesota hat das Recht auf Abtreibung in die Verfassung des Bundesstaats aufgenommen. Und es ist nicht weit weg. Ich würde wirklich überlegen, dort hinzugehen."
Mesa, Arizona: Crystal Price holt eine ihrer Töchter vom Schulbus ab. Chrystal spürt, dass nach diesem Tag nichts mehr sein wird wie zuvor. Nachdem sie mehrere Male Donald Trump gewählt hat, will die Mormonin heute für Kamala Harris stimmen.
O-Ton Crystal Price, Harris-Wählerin: "Ich will auf der richtigen Seite der Geschichte stehen bei dieser Wahl. Ich will, dass meine Kinder wissen, dass ich alles getan habe, was ich konnte, um die richtige Person für das Präsidentenamt zu wählen."
Viele Republikaner haben sich im Vorfeld dieser Wahl gegen Donald Trump ausgesprochen. Aber ihre Hoffnung, dass sie Donald Trump nach einem Sieg der Demokraten endgültig los wären, erfüllt sich nicht.
O-Ton Crystal Price, Harris-Wählerin: "Wir haben es geschafft. Das hat sich gut angefühlt. Es gibt bestimmt Rückschläge, aber es wird schon gut gehen. Es wird klappen. Wir werden siegen"
Atlanta, Georgia. Zehn Stunden ist Kendrick Dazilma am Wahltag Taxi gefahren. Für die Familie hat er eine haitianische Spezialität mitgebracht:
O-Ton Kendrick Dazlima, Harris-Wähler: "Das ist Hühnereintopf."
Kaum schaltet er CNN ein, hört er schon, es sieht nicht gut aus
O-Ton Kendrick Dazlima, Harris-Wähler: "Falls Trump gewinnt, planen wir, zu kämpfen. Entweder bedeutet das, die Staatsbürgerschaft zu wechseln und woanders hinzugehen, oder hierzubleiben und für unsere Freiheit zu kämpfen. Ich habe Amerika nie als einen Ort der Gerechtigkeit gesehen. Es geht darum, was man sich erkämpfen kann. Darauf wurde dieses Land aufgebaut, das ist buchstäblich seine Grundlage. Amerika wurde durch Gewalt gegründet."
Trump führt auch in Kendricks Heimat Georgia deutlich. Vor allem das weiße Amerika hat ihn gewählt.
O-Ton Gloria Dazilma, Harris-Wählerin: "Sie mögen ihn, weil sie weiß sind. Es ist ihr Privileg. Er spricht das immer wieder an und spielt damit. Du bist Bürger dieses Landes. Du kannst alles andere einfach ignorieren. Aber egal, was verdrängt wird, am Ende bleiben wir schwarz."
Was bedeutet der Sieg Trumps für seinen Sohn? Kendrick befürchtet das Schlimmste.
O-Ton Kendrick Dazlima, Harris-Wähler: "Ich denke darüber nach, mir eine Waffe zu kaufen. Ich sage das ganz offen, weil ich in Amerika lebe und ich hoffe, dass ich sie niemals einsetzen muss."
In Florida hat Robert Cruz alles bereit für die Wahlparty mit Freunden und Familie.
O-Ton Robert Cruz, Trump-Wähler: "Ein Präsidentenmahl für die Nacht des Präsidenten. Der Champagner liegt schon auf Eis, weil wir erwarten, dass es war zu feiern gibt. Hey Leute: Hier ist der Champagner für heute Abend."
Trump gewinnt. In Florida legt er noch einmal deutlich zu. Wahlentscheidend hier sind Latinofamilien - wie die Cruz.
O-Ton Robert Cruz, Trump-Wähler: "Man sieht ja, dass die Latino-Gemeinschaft allmählich aufwacht und sagt: "Hey, es wird Zeit, dass wir der Demokratischen Partei nicht mehr erlauben, uns auszunutzen, nur weil sie glauben, uns zu kennen. Die Demokraten haben uns nie die entscheidenden Fragen gestellt und wissen nicht, was uns wirklich wichtig ist."
Denn eigentlich wollen die Cruz das gleiche wie viele weiße Amerikaner - eine niedrige Inflation und Schutz vor illegalen Migranten, von denen Trump behauptet, sie würden Haustiere essen.
O-Töne
Robert Cruz, Trump-Wähler: "In Springfield essen die Migranten die Hunde, essen die Katzen, esses die Haustiere. Und das hat sogar meinem kleinen Hund Angst gemacht."
Marisol Cruz, Trump-Wählerin: "Ich will nicht gegessen werden. Ich bin ein Hund - kein Essen."
Robert Cruz: "Die Realität ist, Sicherheit steht an erster Stelle. Mag sein, dass das Paradox klingt, aber auch wir haben Kinder. Wir wollen nicht, dass sie mit Fentanyl in Berührung kommen, und wenn sie die Autotür öffnen, wollen wir auch nicht, dass sie entführt oder Opfer von Menschenhändlern werden. Das sind die Gefahren, die man hat, wenn man eine Grenze hat und nicht weiß, wer hineinkommt."
Wahlparty der Demokraten in Wisconsin. Noch hoffen alle hier auf den Sieg von Kamala Harris, auch die Frauenärztin Anna Igler. Aber es kommt anders und der Wahlsieg von Donald Trump zeichnet sich schnell ab. Nach monatelangem Wahlkampf in einem für die Demokraten wichtigen Bundesstaat ist das Entsetzen im Saal mit Händen zu greifen. Auch Anna kann es nicht fassen. Trump hat gewonnen.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Ich bin richtig frustriert und ernsthaft angewidert. Im Ernst? Das ist der, der unser Anführer sein soll? Jemand mit solchen Werten? Er ist ein Sexist, ein Frauenfeind, er bedroht Menschen, er hat eine Racheliste. Er droht Leuten körperliche Gewalt an. Wie kann man so eine Person wählen?"
Für Anna sind ihre schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Sie verlässt die Party der Demokraten in Green Bay vorzeitig. Sie wird in dieser Nacht nur wenig schlafen. Wichtige Entscheidungen stehen an. Muss sie mit ihrer Familie Wisconsin verlassen? In welche Welt wird ihr Kind geboren werden? Was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, die Demokraten verlieren die Wahl auch in ihrem Bundesstaat Wisconsin. Ihr ganzer Einsatz war vergeblich. In Arizona kommt Crystal bei der Wahlparty an, eingeladen von einem Freund, der die Kampagne "Republikaner für Harris" mitorganisiert hat. Sie alle haben viel riskiert, als sie sich gegen die Republikanische Partei gestellt haben. Die Hoffnungen auf einen Sieg von Kamala Harris fallen schnell in sich zusammen.
Trump triumphiert an diesem Abend nicht nur über die Demokraten, sondern auch über seine innerparteilichen Gegner. Der Kampf gegen den Mann, der sich die Republikanische Partei unterworfen hat, hat nichts genützt,
O-Ton Crystal Price, Harris-Wählerin: "Es muss ja noch einiges ausgezählt werden. Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Entschuldigung. Warum weint ihr nicht?"
Bandera, Texas. Wahlparty der Republikaner. Die Stimmung ist von Anfang an gut, auch bei Jason und Brandy Connover. Die Republikaner machen Witze über den politischen Gegner, auf den selbstgebastelten Alu-Cowboyhüten steht: "100 Prozent Schutz gegen liberalen Scheiß". Jason und seine Freunde haben auch die vielen abfälligen Bemerkungen der Demokraten im Wahlkampf nicht vergessen.
O-Ton Conrad Striegl, Trump-Wähler: "Ich sehe mich um und ich sehe bemitleidenswerte Existenzen, ich sehe Müll, ich sehe Nazis, Faschisten, Antiamerikaner. Jeder hier ein Stück Scheiße!"
Als der Sieg Trumps feststeht, brechen im "Eagles Nest" alle Dämme. Donald Trump tritt in Florida vor die Mikrofone. Zu später Stunde wird es ernst: die Trump-Anhänger reden über Vergeltung und es geht wild durcheinander. Politische Gegner, Verbrecher, sie sollen hart bestraft werden.
O-Töne
Greg Switzer, Trump-Wähler: "Diejenigen, die Verrat begangen haben, die Spionage, Geldwäsche - sie alle müssen nach unserem Gesetz vor ein Erschießungskommando. Wenn man wegen Verrats verurteilt wird, wegen Spionage, ist die Strafe der Tod. Das ist, was wir sehen müssen, um die Vereinigten Staaten wieder zu vereinen."
Jason Connover, Trump-Wähler: "Er hat absolut recht. Wenn du jemanden zur Strafe auf die Finger haust, schreckt ihn das nicht ab. Aber wenn Du Erschießungskommandos hast, dann wird niemand Verbrechen begehen."
Bierselige Phantasien von Law and Order. Wohin steuert Amerika?
Der Tag danach. Green Bay, Wisconsin. Anna Iglers Mutter ist gekommen, um Trost zu spenden.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Ich denke Amerika ist ein frauenfeindlicher Ort, diese Wahl hat das bewiesen. Kamala Harris hat verloren, weil sie eine Frau ist."
Diesen See hat Anna häufig besucht, als sie vor vier Jahren ihr Kind verloren hatte.
O-Ton Anna Igler, Harris-Wählerin: "Ich lasse mich nicht unterkriegen von Donald Trump. Diese Genugtuung gebe ich ihm und seiner Partei nicht. Geht zum Teufel."
In Geogia ist am Tag danach für Kendrick jeder Schritt schwerer als sonst. Er sagt, es fühle sich an, als ginge etwas zu Ende.
O-Ton Kendrick Dazilma, Harris-Wähler: "Jetzt sehen wir, wie Worte mobilisieren können, und ich frage mich, ob sie diese Worte nun weiter in die Tat umsetzen werden, da sie ihre eigenen Leute im Amt haben. Das macht mir Sorgen. Jetzt sehen wir, wie Worte mobilisieren können, und ich frage mich, ob sie diese Worte nun weiter in die Tat umsetzen werden, da sie ihre eigenen Leute im Amt haben. Das macht mir Sorgen. Da die Dunkelheit, es ist regnerisch - ein Sinnbild für die Lage in den USA. am Horizont erkennt man einen Hoffnungsschimmer, wenn wir weiterkämpfen.
Die Präsidentschaftswahl in den USA hat die Gräben in der Gesellschaft weiter vertieft. Donald Trump hat nach seinem Sieg versprochen, auf seine Gegner zuzugehen. Wird er sein Versprechen diesmal halten?
Abmoderation Anja Reschke: "I voted for values - ich habe für Werte gestimmt - hat der Mann der schwangeren Frau in unserem Film eben gesagt. Werte sind die Grundlage für Zivilisation. Werte bedeuten, dass es um etwas Größeres geht, als kugelsichere Fenster oder niedrige Benzinpreise. Dass es in der Demokratie um ein würdiges Leben für alle geht und nicht um die Herrschaft der einen über die anderen. Die Werte haben in dieser Wahl nicht gewonnen."
Beitrag: Andrea Brack, Tim Diedrichs, Johannes Edelhoff, Armin Ghassim, Johannes Jolmes, Stefan Niemann, Isabel Schneider, Lea Struckmeier
Kamera: Martin Kobold, Eike Köhler, Jacek Komander, Andrzej Król, Martin Ross
Schnitt: Dennis Benn, Christian Bolz, Sebastian Dierich, Wiebke Hansen, Stephan Hohl, Andrea Müller, Lukas Rinow