AfD-Wahlkampf: Hitler-Affäre stört
Manchmal ist es schwer, die Geister, die man rief, wieder los zu werden. Seit Wochen macht Dirk Nockemann, ehemaliger Hamburger Innensenator und einer der führenden Köpfe der AfD in der Hansestadt, Wahlkampf mit einem seiner Lieblingsthemen: Pegida-Parolen. Immer drauf auf die etablierten Parteien mit Sätzen wie "Wenn der Bürger anfängt, selbstständig zu denken, so wie das in Dresden der Fall ist, dann brennen den Herrschaften in Berlin die Sicherungen durch."
Über Bachmann muss man nicht reden?
Doch jüngst musste er sich die kritische Frage eines Rentners aus Harburg gefallen lassen, ob das nicht allzu populistisch sei: "Ich verstehe nicht, warum die AfD mit Pegida Gespräche führt. Das kann ich nicht glauben. Und was der Bachmann für ein Vogel ist, das wissen wir seit Wochen.“ Über Bachmann müsse man nicht reden, erwiderte Nockemann. Das Hitler-Foto von Pegida-Anführer Lutz Bachmann und seine Beschimpfungen von Asylbewerbern als "Dreckspack, Viehzeug, Gelumpe" hat bei den Hamburger AfD-Wahlkämpfern zu einer geschmeidigen Kurskorrektur gegenüber Pegida geführt.
"Ein Phänomen, das wir beobachten"
Plötzlich hört man von Dirk Nockemann auch solche Sätze: "Ich hätte mich mit Bachmann niemals eingelassen. Ich war vorher Innensenator, und ich muss auch aus eigener Überzeugung genau abwägen, mit wem ich rede. Und mit jemandem, der wirklich mehrfach verurteilt worden ist, setze ich mich zunächst einmal nicht an den Tisch", sagt er gegenüber Panorama.
Und der Hamburger AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse meint zum zukünftigen Verhältnis zwischen AfD und Pegida: "Wir wollen uns auch in der Öffentlichkeit natürlich nicht desavouieren lassen von Leuten, von denen man nicht weiß, was sie morgen tun. Insofern sagen wir: Das ist ein Phänomen, was wir beobachten, und das ist es auch schon."
Nur besorgte Bürger?
Es ist eine deutliche Distanzierung von dem Annäherungskurs an Pegida, den bisher vor allem die führenden AfD-Politiker Frauke Petry und Alexander Gauland betrieben hatten, und der der Partei - nachdem sich das Pegida-Organisationskomittee jetzt quasi selbst abgeschafft hat - jetzt auf die Füße fällt. Als erster Politiker besuchte Gauland im Dezember die Demonstration in Dresden und kam zu dem Ergebnis: "Ich sehe keine Rechtsradikalen. Ich sehe Bürger, die auf die Straße gehen - aus Sorge um die Entwicklungen in Deutschland." Kurz darauf bezeichnete er Pegida als strategischen Partner der AfD, und seine Parteikollegin Frauke Petry aus Sachsen traf sich mit Bachmann und Co.
Es war der allzu plumpe Versuch einer Anbiederung an die islamkritische Bewegung, um Wähler zu gewinnen. Auch im Nachhinein sieht Gauland in dieser Strategie keinen Fehler. Auf die Frage, ob Pegida noch immer der natürliche Verbündete der AfD sei, sagte er noch vor drei Tagen: "Pegida Dresden und die Demonstranten sind noch immer natürliche Verbündete. Ja, da würde ich bei bleiben. Ich sehe nicht, weshalb sich das geändert hat. Herr Bachmann war nie mein natürlicher Verbündeter.“
Alles anders als gestern
Am 29. Januar nun ist Gauland endültig davon abgerückt, dass Pegida der natürliche Verbündete der AfD sei. "So wie es sich heute darstellt natürlich nicht. Auch das bezog sich damals auf die neue Führungsfrau Oertel und nicht auf das, was jetzt geschehen ist. Wenn sie in dieser Bewegung keine Mehrheit hat, und die vernünftigen Leute keine Mehrheit haben, dann hat sich meine Äußerung natürlich auf diese Menschen bezogen und niemals auf das, was jetzt übrig geblieben ist.“