Falschparker verpetzen: Vorbildlich oder Denunziantentum?
Es gibt Menschen, die haben eine Mission. Der Radfahrer Heinrich Strößenreuther ist so einer. Er möchte die Gesellschaft aufrütteln, weil er tagein, tagaus beobachtet, wie falsch parkende Autofahrer Radfahrer gefährden. Sei es, weil die Autos auf dem Radweg, im Halteverbot oder in zweiter Reihe stehen - immer sind die Radfahrer gezwungen auszuweichen.
Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, hat Strößenreuther eine App namens "Wegeheld" entwickelt. Hier kann man auf einer Landkarte Falschparker eintragen und mithilfe der App eine Mail ans Ordnungsamt schicken. Was Strößenreuther als "Tabubruch zur Gefahrenabwehr" beschreibt, ist für viele ganz einfach Denunziantentum - und das Internet birgt inzwischen unzählige Möglichkeiten für selbst erklärte Verkehrserzieher tätig zu werden.
Datenschützer hält Aufnahmen für illegal
Immer mehr Menschen haben so zum Beispiel eine Dashcam im Auto, eine Kamera, mit der sie den Straßenverkehr permanent filmen. Kayan A. dokumentiert dabei auch immer wieder grobe Fahrfehler und zeigt diese Videos - mit erklärenden Texten kommentiert - bei Youtube. Dass er die Betroffenen damit auch ein Stück weit an den Pranger stellt, gibt er selbst zu.
Ist das alles legal? Immerhin sind auf vielen dieser Videos die Kennzeichen der Autos zu erkennen und manchmal sogar der Fahrer. Der oberste Datenschützer von Bayern, Thomas Kranig, sagt ganz klar: "Nein, es ist meiner Meinung nach nicht legal." Wenn man Menschen oder auch nur Kennzeichen von Autos aufnehme, brauche man grundsätzlich deren Einwilligung - und das erst Recht, wenn man die Videos online stelle oder ans Ordnungsamt schicke.
Kranig hat deswegen jüngst einem allzu eifrigen Dashcam-Fahrer die dauerhafte Nutzung der Kamera untersagt, weil er das Ordnungsamt mit Videos und Anzeigen geradezu überhäuft hatte. Da der Mann Widerspruch eingelegt hat, muss nun das Verwaltungsgericht entscheiden, ob das Verbot Bestand hat.
Wird das Vertrauen in die Gesellschaft untergraben?
Kranig hat aber nicht nur rechtliche Bedenken. Das permanente Filmen stärke das Misstrauen der Menschen untereinander - und es untergrabe das Vertrauen in den Staat. Das sieht auch der Bürgermeister von Bad Soden am Taunus so. Norbert Altenkamp hatte immer mal wieder mit selbst ernannten Verkehrswächtern zu tun. Letztendlich seien die nur unglücklich geworden, weil sie das Verhalten der Menschen nicht ändern konnten und stattdessen selbst angegangen wurden: "Da ist der Spaltpilz drin, da ist Unfrieden gesät - und das wieder zu kitten, das ist kaum möglich."