EU-Geschenke für Großbauern
Jedes Jahr in der Adventszeit bekommt er fast 300.000 Euro. Hans-Georg von der Marwitz ist Großbauer und wird mit EU-Agrarsubventionen gefördert. Doch obwohl er vom Geld aus Brüssel profitiert, hält er das Fördersystem für falsch: Es stärke vor allem große Bauern - und viele von denen "kämen ohne weiteres ohne Subventionen aus". Öffentlich gibt das kaum einer gerne zu. In anonymen Internet-Umfragen von Landwirtschaftsmedien allerdings erklärte die Mehrheit, mittelfristig auf Subventionen verzichten zu wollen.
Wie sinnvoll ist eine Förderung, wenn sie von vielen Geförderten nicht gebraucht wird? Ein Drittel aller Zahlungen aus dem EU-Haushalt fließen als Direktzahlungen europaweit an Landwirte. Das waren im Jahr 2012 rund 44 Milliarden Euro. Das Prinzip hinter der Verteilung des Geldes ist einfach: Je mehr Land, desto mehr Geld. Rund 300 Euro pro Hektar bekommt ein deutscher Bauer im Schnitt. Großbetriebe kassieren so im Jahr mehrere Hunderttausend Euro.
Fragwürdige Milliardenbeträge
Immer wieder kritisieren Experten dieses System. Der Agrarökonom Prof. Folkhard Isermeyer glaubt, dass dieses System nicht mit den verteilungspolitischen Grundsätzen unseres Landes vereinbar sei. Als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kam er in einer Studie zu dem Schluss, dass die Subventionen grundsätzlich zu Fehlsteuerungen führen. Er halte es für fragwürdig, "hierfür Milliardenbeträge der öffentlichen Haushalte einzusetzen".
Seit Monaten bemüht sich der zuständige EU-Agrarkommissar Dacian Cioloş um eine Reform der Agrarzahlungen. Er will neben mehr Umweltauflagen für die Landwirte auch eine verbindliche Obergrenze - im Fachdeutsch "Kappung", damit Großbetriebe nicht mehr Millionen abkassieren. "Wir halten eine Kappung für wichtig", sagt Cioloş, "denn wir können nicht weiterhin Millionen an Landwirte zahlen, ohne Begründung und ohne Nutzen."
Bauernverband kämpft gegen Neuregelung
Der Deutsche Bauernverband sieht das anders. Er besteht darauf, die Betriebe seien auf das Geld angewiesen: "Wir brauchen eine ganz strikte Verteidigung des Weges, den wir in Deutschland gegangen sind", sagt der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes Helmut Born.
Gegenüber Panorama gibt sich der Bauernverband siegessicher, die Reform in seinem Sinne zu verändern. Offenbar mit Erfolg. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat bereits erklärt: Eine Obergrenze für Zahlungen an Landwirte werde es in Deutschland nicht geben. Zwar will Aigner nun, dass die Gelder von Großbetrieben stärker zugunsten kleinerer umverteilt werden. Doch auch hier hat der Bauernverband schon angekündigt, er werde zu große Einschnitte für die Großen verhindern.
Interessenskonflikt an der Spitze des Bauernverbands?
Der Bauernverband verteidigt damit eine fragwürdige Verteilungspolitik: Denn nur eine sehr kleine Gruppe von Bauern profitiert von einem Großteil des Geldes: Nur sechs Prozent aller Betriebe bekommen 45 Prozent der gesamten Subventionen, das waren 2012 insgesamt 5,8 Milliarden Euro. Auch die Führungsriege des Deutschen Bauernverbandes - der Präsident und seine Vize- gehört zu dieser kleinen Gruppe. Alle bewirtschaften weit mehr Hektar als durchschnittlich in Deutschland. Eigeninteresse der Verbandsfunktionäre spiele aber beim Beharren auf Subventionen keine Rolle, betont der Bauernverband.