Trotz Kündigungsschutz: Arbeitgeber feuern nach Belieben
Schlecker ist die größte Drogeriekette Deutschlands. Mehr als 10.000 Filialen zählen zu diesem Imperium. Jahresumsatz: Rund fünf Milliarden Euro. Das Konzept: Viele Läden in der Provinz, niedrige Preise, wenig Service.
Viele kleine Filialen aber laufen nicht mehr so wie früher. Schlecker schließt deshalb Märkte mit wenig Umsatz und eröffnet im Gegenzug größere, schönere Filialen - sogenannte Schlecker-XL-Märkte - oft direkt nebenan. Den Mitarbeitern der "alten" Filialen wird gekündigt – denn offiziell gehören die neuen Filialen zu einem neuen Betrieb. Juristisch nennt sich das dann "betriebsbedingte Kündigung". Für die XL-Filialen gibt es neue Arbeitsverträge, mit deutlich schlechterer Bezahlung und ohne Tarifbindung. Schlecker nennt dies ein "revolutionäres Konzept". Für die Experten ist es ein Etikettenschwindel, mit dem die Firma Tarifflucht begeht und sich mit rechtlich fragwürdigen Methoden unliebsamer Mitarbeiter entledigt.
So wie Schlecker nutzen immer mehr Unternehmen die Angst der Arbeitnehmer in der Wirtschaftskrise aus, um Lohnkosten zu drücken und aus Tarifverträgen auszusteigen. Neuesten Studien zufolge unterliegen nur noch 62 Prozent aller Arbeitnehmer der Tarifbindung. Auch die Stilke-Bahnhofsbuchhandlungen versuchen offenbar systematisch, altgediente Mitarbeiter loszuwerden. Seit der Schweizer Konzern Valora Eigentümer ist, häufen sich nach Beobachtung des Betriebsrates Kündigungen wegen Lappalien, Mobbing und psychischen Drucks.
Panorama über die fragwürdigen Methoden großer Unternehmen, ihre Mitarbeiter gegen Billigkräfte auszutauschen.