Pesseerklärung: 38 Prozent der Deutschen können sich vorstellen, eine Partei links von der SPD zu wählen
Auch knapp 100 Tage nach dem Antritt Franz Münteferings als SPD-Vorsitzender hält die Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit der Arbeit der sozialdemokratischen Partei an. Stattdessen nehmen die Sympathien für eine neue Linkspartei in Deutschland weiter zu. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Polit-Magazin "Panorama" bei "Infratest dimap" in Auftrag gegeben hat und in seiner Sendung am Donnerstag, 24. Juni, im Ersten vorstellt. Demnach können sich insgesamt 38 Prozent der Wahlberechtigten vorstellen, ihre Stimme einer "Initiative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit" zu geben. Sechs Prozent der Befragten antworteten auf eine entsprechende Frage mit "ja, sicher", 32 Prozent mit "ja vielleicht". Im März dieses Jahres beantworteten nur 24 Prozent die entsprechende Frage mit "ja vielleicht".
Für den Mainzer Parteienforscher Prof. Dr. Jürgen Falter hat eine neue Linkspartei dann eine Chance, wenn sie charismatische Politiker gewinnen, eine gefestigte Organisationsstruktur aufbauen und entsprechende Mittel aufbringen könnte. "Wenn alles drei zusammenkommt, dann wäre es wirklich bedrohlich für die SPD", sagte Falter gegenüber der NDR Sendung "Panorama".
Initiatoren der Linkspartei können von einer großen Unzufriedenheit der Deutschen profitieren: 77 Prozent halten die aktuelle Politik der SPD für nicht sozial ausgewogen. 84 Prozent sind der Meinung, die SPD müsse sich wieder stärker um den Ausgleich zwischen Arm und Reich kümmern. Besonders stark vertreten diese Meinung ehemalige SPD-Wähler.
Die Zahlen geben Kritikern innerhalb der Sozialdemokraten Auftrieb, die ein "sozialeres Profil" fordern. So befürworten 71 Prozent der Befragten, dass Reiche grundsätzlich finanziell stärker in die Verantwortung genommen werden sollten. Dabei halten 62 Prozent die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für ein geeignetes Mittel. 36 Prozent sprechen sich für höhere Krankenversicherungsbeiträge für Vermögende aus.
Parteienforscher Falter erwartet, dass die SPD diese Forderungen aber lediglich rhetorisch aufnehmen wird. "Die SPD wird sich linker akzentuieren. Ein Linksruck wird aber wahrscheinlich daraus nicht werden." Eine Kehrtwende bei der Agenda 2010 sei unmöglich, weil die Glaubwürdigkeit der Partei dauerhaft Schaden nehmen würde.
Das Meinungsforschungsinstitut "Infratest dimap" hat im Auftrag von "Panorama" 1002 Wahlberechtigte in Deutschland telefonisch befragt.
24. Juni 2004