Presseerklärung: Schatzmeister von CSU und FDP akzeptieren illegale Parteispenden
Journalisten tarnten sich als spendierfreudige Bauunternehmer
Spendenexperten sprechen von "krimineller Energie der Schatzmeister"
SPD und Grüne in Bayern lehnen Spendenangebot ab
Einige Partei-Schatzmeister haben offenbar - allen Beteuerungen zum Trotz - auch aktuell keine Skrupel, illegale Spenden für ihre Parteien zu akquirieren. Das belegen Recherchen von zwei Journalisten, die das ARD-Magazin Panorama in seiner heutigen Ausgabe präsentiert. Getarnt als angebliche Bauunternehmer, hatten sie den Schatzmeistern aller Parteien in Bayern eine Spende von 30.000 ¿ angeboten. Ihre Bedingung: Sie wollten anonym bleiben, dürften nicht in den Rechenschaftsberichten der jeweiligen Parteien auftauchen. Die Schatzmeister von SPD und Grünen lehnten deshalb dieses Angebot ab. Denn schließlich sei diese geforderte Anonymität nur unter Missachtung von bestehenden Gesetzen möglich.
Die Schatzmeister von CSU und FDP, Adolf Dinglreiter und Klaus von Lindeiner, hatten offenbar keine Bedenken. Sie trafen sich zu Gesprächen mit den angeblichen Spendern im Münchner Hotel "Vier Jahreszeiten". Die Zusammenkunft wurde mit versteckten Kameras im Bild festgehalten. Zusätzlich wurden die Gesprächsinhalte in Gedächtnisprotokollen dokumentiert, deren Richtigkeit die beiden Journalisten mit eidesstattlichen Erklärungen untermauern.
Beide Schatzmeister konnten sich eine sogenannte "Stückelung" der Spenden in Einzelbeträge sehr gut vorstellen, um unter die gesetzlich fest geschriebene Veröffentlichungsgrenze von 10.000 ¿ zu kommen. Nach übereinstimmender Ansicht von Parteispenden-Experten ein ganz klarer Gesetzesbruch, der im aktuellen Parteiengesetz mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedroht ist.
Doch die beiden Schatzmeister hatten noch andere illegale Vorschläge: Die Bauunternehmer sollten die Spende nicht als Betriebsspenden, sondern als Privatspenden - aufgeteilt auf Ehefrau und Kinder - deklarieren. Der Vorteil: Die Spender könnten Teile dieser Beträge von der Steuer absetzen, die Parteien zusätzliche Steuergelder für die Spenden kassieren.
Prof. Hans-Herbert von Arnim, dem die Journalisten ihre Recherchen präsentierten, reagierte angesichts dieses Verhaltens der Schatzmeister empört: "Hier zeigt sich ein gerüttelt Maß an krimineller Energie. Man schlägt den Spendern Wege vor, um an zusätzliche Steuergelder zu kommen, um die Publikationspflicht zu vermeiden, zusätzlich noch die Aufforderung zur Steuerhinterziehung und der Betrugstatbestand. Ein unfassbarer Vorgang."
Auch der Parteienrechtler Prof. Martin Morlok äußerte gegenüber Panorama sein Unverständnis über das Verhalten der Schatzmeister: "Ich bin überrascht, dass wir nach den ganzen Parteispenden-Affären schon wieder die Bereitschaft der Parteien dokumentiert haben, dass man die Gesetze nicht beachten will."
Die Journalisten Daniel Hechler und Adrian Peter zogen gegenüber Panorama ihr Resümee als spendenfreudige Bauunternehmer: "Wenn wir als Journalisten die Pressestellen angerufen hätten, wäre uns beteuert worden, dass man sich selbstverständlich an die Gesetze halten würde. Insofern haben wir durch unsere Tarnung die Realität dokumentieren können. Überrascht hat uns aber, dass kein Schatzmeister unsere Identität überprüft oder Nachforschungen angestellt hat."
23. Oktober 2003