Schlechte Verbindung - Telekom-Kunden zahlen drauf
Temposurfen auf der Sparwelle, das steht derzeit in großen Lettern an vielen Bushaltestellen und Litfaßsäulen der Republik. Es ist die neue Werbekampagne der Telekom für ihr Produkt T-DSL. Diese neue Technik soll den Zugang zum Internet viel schneller und für alle preiswerter machen. Deshalb Temposurfen auf der Sparwelle. Was der attraktive Werbeslogan aber wirklich meint, wird jetzt langsam klar. Die Telekom hat das neue Produkt T-DSL mit irrem Tempo auf den Markt gedrückt, obwohl es nach Ansicht vieler Experten technisch noch nicht ausgereift ist. Und gespart hat sie am Service.
Das sind die neuen Wunderkästchen der Telekom: Superschnelles Surfen im Internet, so preist die Telekom ihre neue Technik an: T-DSL heißt die Zauberformel. Der Köder für die Kundschaft: eine sogenannte Flat-Rate, ein niedriger Pauschalpreis fürs Internet. Eine millionenschwere Werbekampagne soll diese Kundschaft locken, ein erprobter Hightech-Werbespot, dem man sich nicht entziehen kann.
Der Werbespot der Telekom lautet: "Schalten Sie sich ein beim Sparprogramm für Speed Freaks. Holen Sie sich T-DSL Flat fürs Internet. Die Breitwand Flat-Rate von T-Online gibt es jetzt für sensationelle 49 Mark im Monat. Also anschließen. Jetzt einsteigen bei T-DSL Flat. Infos in Ihrem T-Punkt."
Mit den Infos zu T-DSL ist man eben in diesen T-Punkten nicht gerade sehr freigiebig Trotz aller Werbung: Unsere Nachfragen zum neuen Supersystem sind hier unerwünscht.
Zu einer Angestellten sagen wir: "Wir sind vom Norddeutschen Rundfunk und interessieren uns für T-DSL. Haben Sie denn da zufriedene Kunden, oder....?" Die Angestellte weist ab: "Hier wird nicht gefilmt. Ich möchte Sie rausbitten."
Kein Wunder: Bereits der Aufbau der sagenumwobenen T-DSL-Anlage endet oft im digitalen Desaster. Ein Splitter, ein Modem, ein Eumex und eine Platine - das alles richtig zu verbinden, ist eine Wissenschaft für sich.
Der Telekom-Kunde Otfried Nassauer erzählt: "Ich hab' zwischen fünf und neun Stunden, obwohl ich mit Sicherheit nicht technisch unbegabt bin, die kombinierte Installation von T-DSL und T-Online-Software üben dürfen, um zu vermeiden, dass mein Rechner komplett zusammenbrach, was er mir mehrfach androhte."
Alexander, ein anderer Telekom-Kunde berichtet: "Hier ist noch jemand im Haus, der hat auch T-DSL. Bei ihm geht's immer, wenn's bei mir nicht geht, oder andersrum. Und immer, wenn er oder ich anrufe, kommt denn die Nachricht: Ganz Berlin ist tot. Genau zu dem Zeitpunkt, wenn wieder mir die Fehlermeldung kommt, diese Werbung: ‚Kommen Sie zu T-DSL - wie toll.' Und ich versuche seit zwanzig Minuten, ins Internet zu kommen. Und da wird man dann doch schon grantig."
Und wer grantig ist, der schreibt oft auch an diese Adresse, Computer-Bild in Hamburg, zig wütende Briefe und E-Mails jeden Tag. T-DSL - nach Ansicht vieler Nutzer ein Chaos, aber mit System.
Michael Link von der Zeitschrift Computer-Bild: "Das läuft ab wie ein riesig großer Feldversuch, wie so eine Art - man nennt das im Computerbereich: Beta-Test. Viele Nutzer werden also mit der Fehlersuche quasi beauftragt, haben den Ärger damit, dass die Software nicht läuft, haben den Ärger damit, dass sie stundenlang nicht ins Internet kommen, und müssen dafür noch eine relativ hohe Gebühr bezahlen."
T-DSL ein Desaster, Kunden als Versuchskaninchen. Auf telefonische Anfrage erklärte uns die Telekom, man sei mit der Markteinführung von T-DSL zufrieden. Die Presseabteilung aber teilte Panorama mit, dem Interview-Wunsch vor der Kamera nachzukommen, sei nicht möglich.
Eine Chance für die verzweifelten T-DSL-Kunden: die Service-Hotline der Telekom. In Call-Centern sollen die komplizierten technischen Probleme gelöst werden. Wenn das mal gut geht.
Rainer Portz, auch Telekom-Kunde, hat da auch seine Erfahrung gemacht: "Beim Call-Center ist es wie im Roulettspiel, man drückt auf eins, zwei oder drei. Wenn man Glück hat, kriegt man eine Person ran, die versiert ist. Dieses Glück hatte ich erst nach mehrmaligen Versuchen."
So wie Alexander: "Es wird bestimmt Leute geben, die sich da auskennen, aber ich hatte sie leider noch nicht am Telefon. Ich rufe da meistens immer nur an, um denen mitzuteilen, dass der Schaden da ist, ich erwarte ja keine Hilfe. Ich will ja nur mal sagen: Hallo, mich gibt's auch noch, vielleicht könnt ihr ja meine Leitung wieder mal aktivieren."
In der Werbung sieht das alles viel einfacher aus. Und in den Briefen an die Kunden auch viel billiger: Die bitter benötigte Hilfe gibt es unter der angeblich kostenfreien Servicenummer. Klingt gut, ist bloß nicht mehr so. Seit 1. Juli eine böse Überraschung.
Seitdem erklingt nämlich eine Frauenstimme, die sagt: "Herzlich willkommen bei T-Online. Die Rufnummer hat sich geändert. Technische Fragen für die T-Online-Produkte beantworten wir ab sofort unter: 01805-345345 für 24 Pfennig pro Minute."
Geldmacherei mit verzweifelten Kunden, auch zu diesem Vorwurf kein Kamera-Interview der Telekom für Panorama.
Rainer Portz reagiert sauer: "Das kostet noch Geld, das ist mir neu, also das ist eine Frechheit."
Otfried Nassauer hat eine mögliche Erklärung: "Vielleicht ist es auch so, dass bei T-Online jemand auf den Gedanken gekommen ist: Unser Produkt ist so fehlerhaft und hat so viele Betriebsprobleme, dass man das wieder als Einkommensquelle verwenden kann. Also den Störungsdienst kostenpflichtig zu machen, bedeutet natürlich, sich selber einen Goldesel zu schaffen."
Gut Lachen hat da wohl einzig die bekannte Telekom-Werbefigur: "Also anschließen."
Das einzige, woran die Telekom wohl nicht gespart hat, ist vermutlich die Werbung für T-DSL, denn die teuren Plakate und Anzeigen hängen in ganz Deutschland, also auch im Osten dieser Republik. Nur - dort kann man T-DSL gar nicht verwenden, denn für die neue Technik braucht man Telefonleitungen aus Kupfer. In den neuen Bundesländern wurden aber fast nur Glasfaserkabel verlegt. Schneller und preiswerter ins Internet? Davon sind die meisten Ostdeutschen mal wieder ausgeschlossen. Aber dafür ersparen sie sich wenigstens eine Menge Ärger.