Mit Vollgas ins Ausland - Die Schumacher-Brüder auf Steuerflucht
Wir brauchen Helden. Daran hat sich nichts geändert seit der Zeit der Sagen und Märchen. Nun ist Drachentöten heute etwas aus der Mode gekommen, und auch Politiker bieten sich für diesen Job nicht gerade an. Wer also ein Held sein will, sollte es am besten als Profisportler versuchen. An zwei schnellen Deutschen lässt sich sogar beweisen, dass Heldentum manchmal in der Familie liegt. Nach Meinung vieler sind die Schumacher-Brüder sogar "unsere besten, beliebtesten und anerkanntesten Botschafter im Ausland". Aber Helden kämpfen nie für sich selbst.
Kerpen - die Michael-Schumacher-Kartbahn. Im immer gleichen Kreisverkehr fühlen sich die Fans ihren Idolen besonders nah. Hier hat alles angefangen, die steilen Karrieren von Ralf und Michael. Das Rennen in Silverstone, die Großbildleinwand ist da eine Selbstverständlichkeit. Alles für den Schumi-Kult.
Ein Mann meint: "Ralf Schumacher ist zum Beispiel - ja, der ist sehr sympathisch. Michael Schumacher ist einfach, ja, der steht für was. Der is' ja, da lebt man mit, dat isset einfach."
Eine Frau findet: "Sind net überheblich, sie sind so geblieben, wie sie wahrscheinlich waren. Und es sind schon tolle Männer, man kann schon Fan von ihnen sein."
Der Mann weiter: "Ich denke, man kann von denen ein paar Sachen abgucken und sehen, dass sie eigentlich auch Vorbild sind."
Die Schumacher-Brüder als Vorbilder? Ganz im Gegenteil. Im deutschen Bundestag finden einige das Verhalten der Superstars reichlich unsportlich, wenn es um die Steuern geht. Denn da entziehen sich die Schumis ihrer Bürgerpflicht.
Friedhelm Julius Beucher, SPD, vom Sportausschuss des Bundestages sieht das so: "Sie sind mit ihrem persönlichen Verhalten, was die legale Steuerflucht aus Deutschland angeht, nicht als Vorbild zu bezeichnen. Das ist ein einfaches Sich-Drücken vor dem Bezahlen von Steuern in dem Land, wo man geboren ist, wo man gelebt hat."
Steuern zahlen in Deutschland? Davon wollen sie heute nicht mehr viel wissen. Ralf lebt in Österreich, Michael in der Schweiz. Die beiden angeblich vertrieben vom deutschen Fiskus. So findet Michael Schumacher: "Wir haben ein Steuersystem, das viel zu hoch und zu chaotisch ist."
Sein Bruder Ralf sagt:"Deutschland ist wunderschön, aber die Steuergesetze sind ein Dschungel."
Und die Mutter der Brüder ist überzeugt: "Schuld ist doch vor allem das Finanzamt. Wenn das mit den Steuern großzügiger gehandhabt würde, müssten die Zwei nicht so weit wegziehen."
Vertrieben ins Steuerasyl. Michael Schumacher hat sich in die französische Schweiz abgesetzt. Seine prächtige Villa beim Genfer See, im idyllischen Ort Vufflens-le-Chateau. Dort lebt er mit seiner Familie seit fünf Jahren. Die Gründe für seine Flucht, daraus macht er kein Geheimnis: "An der Schweiz hat mich auch gereizt, dass ich ein vernünftiges Steuerabkommen aushandeln konnte."
Ein Steuerdeal, der sich lohnt. Der Trick dabei: Michael Schumacher gilt in der Schweiz als "nicht erwerbstätig", denn es gibt hier keine Formel-1-Strecke. Deshalb kommt er in den Genuss einer Niedrigsteuer. Eine Abgabenakrobatik, für die es Ansiedlungsmanager wie Martin Kaufmann gibt. Eigentlich sind die Steuerprivilegien für Frührentner gedacht. Aber eben auch ein Michael Schumacher kann davon profitieren, solange er in der Schweiz kein Formel-1-Rennen fahren kann.
Und Martin Kaufmann erklärt das so: "Also Michael Schumacher ist in der Schweiz - fährt keine Rennen, er bezieht keine Saläre. Das einzige, was er macht, ist, in seinem Haus ausruhen von den Strapazen, die er haben wird."
Michael Schumacher lebt wie ein Frührentner, zumindest steuerrechtlich. Bares Geld für ihn. Seine geschätzten Jahreseinnahmen: rund 150 Millionen Mark. Doch der Schweizer Fiskus zeigt sich großzügig, fordert davon nur einen Bruchteil.
Martin Kaufmann: "Man könnte eine teure Lösung mutmaßen, nehmen wir an zwei Millionen, das wäre die ganze Steuer, die er zu entrichten hat. In Deutschland müsste er mindestens die Hälfte abgeben, also über 75 Millionen hätte Schumacher dort mit einer unbeschränkten Steuerpflicht. Also Ersparnis 73 Millionen."
Auch Ralf Schumacher musste in die Fremde gehen, um Steuern zu sparen. Möglich ist das in Österreich. Mit Freundin Cora ist er in die Nähe von Salzburg gezogen, freudig empfangen mit einem Ehrenplatz im Gästebuch. Das neue Domizil: eine gerade renovierte Villa mit 800 Quadratmetern Wohnfläche.
Ralf Schumacher freut sich: "Wir beide, Cora und ich, freuen uns ganz besonders, dass wir jetzt endlich dann hier in Salzburg leben können, und das auch heute hier offiziell bekannt geben wollten."
Die Freude ist begründet, denn auch der österreichische Staat ist bei prominenten Zuzüglern sehr spendabel. Für Sportler wie auch Ralf Schumacher wurde zum Jahreswechsel das Einkommenssteuergesetz geändert. Jetzt ist für Ralf der Finanzminister zuständig, und zwar persönlich.
Prof. Michael Lang von der Wirtschaftsuniversität Wien erklärt das Procedere: "Formal ist das die alleinige Entscheidung des Finanzministers, aber in der Praxis werden natürlich sinnvollerweise vorher Gespräche stattfinden, ob der Sportler dann unter den Bedingungen, unter denen der Finanzminister seinen Bescheid erlassen will, überhaupt bereit ist, nach Österreich zuzuziehen. De facto wird es natürlich Gespräche - Sie können das auch Verhandlungen nennen - vorher geben. Rechtlich ist es aber ein Bescheid, ein einseitiger hoheitlicher Akt des österreichischen Finanzministers."
Dr. Karl Heinz Däke vom Bund der Steuerzahler meint dazu: "Das wünscht sich sicherlich mancher Steuerzahler auch in Deutschland, mit dem Finanzminister persönlich über seine Steuerbelastung zu verhandeln. Aber es zeigt, dass es hier doch eine Reihe von Leuten gibt, unter anderem auch Ralf Schumacher, der erhebliche Privilegien genießt. Denn wer kann schon mit dem Finanzminister über seine Steuerbelastung verhandeln."
Die clevere Steuerflucht - für die Schumacher-Brüder eine Selbstverständlichkeit. So sagt Michael Schumacher: "Wenn Sie genügend Geld verdienen würden, würden Sie es doch auch so machen. ..... Das macht doch jeder."
Und der Schumacher-Manager Willi Weber sagt: "Michael wäre doch blöd, wenn er nach Deutschland zurückkäme und über 50 Prozent Steuern zahlen müsste. .... Ich kann Schumacher nur gratulieren, dieses Land verlassen zu haben."
Ralf Schumacher sieht es genauso: "Solange die Steuergesetze so sind, wie sie sind, werde ich nicht nach Deutschland zurückkehren."
Die Flucht vor dem deutschen Fiskus - für Dieter Ondracek ein Skandal. Er ist Vertreter der deutschen Finanzbeamten. Kein Fairplay bei der Steuergerechtigkeit.
Dieter Ondracek von der Deutschen Steuergewerkschaft: "Wenn jemand jeden Tag seinen Arbeitsplatz im Büro oder in der Fabrik aufsuchen muss, dann kann er nicht aus der Schweiz oder aus Österreich anreisen. Er unterliegt den vollen Steuersätzen, er muss seine Steuern bezahlen. Und die Brüder Schumacher und andere können der Steuerpflicht ausweichen, indem sie den Wohnsitz verlagern. Das ist ein Ärgernis für alle ehrlichen Steuerzahler."
Kerpen ist für die Schumi-Fans nach wie vor ein Mekka. Dort können sie ihre Helden feiern. Doch selbst bei den treuesten Anhängern - bei den Steuertricks hört der Spaß dann auf, Superstar hin oder her.
Ein Mann meint: "Das ist genau so ein Punkt, von wegen Vorbild. Also wenn man ein Vorbild sein will, dann muss man auch in Deutschland seine Steuern zahlen."
Die Frau: "Die Welt ist nicht gerecht, in dem Punkt auch nicht."
Natürlich wollten wir von den zuständigen Finanzbehörden in der Schweiz und in Österreich wissen, wie das funktioniert, dieses praktische Steuersparmodell für Prominente. Aber dazu wollte uns keiner ein Interview geben. Helden sind eben unantastbar. Und deshalb wollten auch die Schumachers unsere Fragen nicht beantworten.