Braune Kameraden - Mit Steuergeldern auf Vortragsreise
Anmoderation
PATRICIA SCHLESINGER:
Die deutsche Verteidigungsbereitschaft stärken, das hat sich eine gemeinnützige Gesellschaft zur Aufgabe gemacht. Sie informiert über internationale Sicherheitsfragen und die Bundeswehr. Sie organisiert Vorträge und Seminare, Truppenbesuche und Fahrten zur NATO. Auf der Referentenliste finden sich Namen wie Genscher, Kinkel und Bubis, und im Kuratorium sitzen honorige, über jeden Zweifel erhabene Politiker. Gefördert wird dieser Verein zu über 90 Prozent aus Steuergeldern, genauer: Das Bundespresseamt zahlt, eine traditionsreiche, seriöse Organisation also. Sie nennt sich "Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik".
Meine Kollegen Christoph Mestmacher und Carsten Meyer haben sie sich mal genauer angesehen. Offensichtlich hatte das vor ihnen noch niemand getan, weder die Herren im Kuratorium, noch unsere neue Regierung.
KOMMENTAR:
Garbenheim bei Wetzlar vor wenigen Tagen. Wir haben einen Tip bekommen. In dieser Gaststätte drehen wir ein Treffen der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik. Dieser Verein lebt von Steuergeldern. Über 400.000 Mark jährlich spendet die Bundesregierung.
An diesem Abend erwartet das Publikum einen ganz besonderen Gast. Dieser Herr, General a.D. Franz Uhle Wettler, wird gleich einen Vortrag halten. Der General, in der rechten Szene eine bekannte Größe - er stand im Verfassungsschutzbericht - schreibt für verfassungsfeindliche Blätter der Rechtsextremen. Kürzlich würdigte er in einer Festschrift einen notorischen Holocaust-Leugner. Der Referent zieht das Publikum in seinen Bann.
Wenig später: ein Zuhörer bereitet sich auf seinen Auftritt vor, er wirbt für dieses Buch: Politische Justiz, ein Klassiker in rechtsextremen Kreisen.
0-Ton
ZUHÖRER:
"Es gibt mittlerweile viele interessante und aktuelle Bücher, man sollte sie kaufen. Man sollte keine Hemmungen haben, an diesen Läden und an diesen Antiquariaten vorbeizugehen, wo sie angeboten sind."
KOMMENTAR:
Eine Veranstaltung, bezahlt aus Steuergeldern, mit einem Referenten aus der rechten Szene. Wir fragen den Präsidenten der Gesellschaft: Wie steht er zu diesem Redner.
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DR. KLAUS-DIETER UELHOFF:
(Staatssekretär a.D.)
"Ja, ich kann nur sagen, was ich Ihnen bereits sagte. Ich möchte hier in der Öffentlichkeit keine Wertungen über Personen abgeben. Das ist mir zu gefährlich."
KOMMENTAR:
Warum das gefährlich sein soll, wissen wir nicht, doch Uelhof verspricht, sich jetzt um seine Referenten zu kümmern.
Und da findet sich noch mehr rechte Prominenz. Auch er war Referent: Journalist Hans Ulrich Kopp, hier bei einem Treffen von Neonazis. Auch Kopp stand im Verfassungsschutzbericht.
Ein weiterer Referent: Dr. Alfred Jebens, Autor in der rechten Zeitung "Junge Freiheit". Und jemand wie Jebens beherrscht das entsprechende Liedgut der Szene.
Für den Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen gehören diese und weitere Referenten der Gesellschaft zur Neuen Rechten. Eine politische Strömung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird und als gefährlich gilt.
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DR. FRITZ-ACHIM BAUMANN:
(Verfassungsschutz NRW)
"Die Neue Rechte hat jedenfalls deutlich Bezüge zum Rechtsextremismus. Die Neue Rechte hat eine gewisse Scharnierfunktion zwischen Rechtskonservativen, die man noch dem demokratischen, rechtsstaatlichen Spektrum zurechnen kann, und dem Rechtsextremismus."
KOMMENTAR:
Auf die PANORAMA-Recherchen hat die Bundesregierung heute reagiert. Bevor man weiter Steuergelder ausgebe, wird die Tätigkeit der Gesellschaft überprüft.
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UWE-KARSTEN HEYE:
(Regierungssprecher)
"Es kann nicht angehen, und es wird nicht angehen, daß mit Steuergeldern rechtsradikale Agitation mit finanziert wurde oder ermöglicht wird. Hier hat die Gesellschaft in ihrem eigenen Haus Ordnung zu schaffen, und wir werden peinlich darauf achten, daß dieses in größter Schnelligkeit passiert."
Abmoderation
PATRICIA SCHLESINGER:
Immerhin hat die Bundesregierung nicht von Einzelfällen geredet, wie wir das aus früheren Zeiten nur zu gut kennen. Sie hat gehandelt und die Gelder - nach unseren Enthüllungen - eingefroren. Über eines muß man sich allerdings wundern: Informationen über Referenten sind doch so leicht zu bekommen. So hätte ein Blick ins "Handbuch Deutscher Rechtsextremismus" genügt - und sowohl die Einladenden als auch das Bundespresseamt hätten gewußt, wen sie sich da ins Haus holten.