Fußball-WM 1974: Spielverderber Panorama
Wir schreiben das Jahr 1974: Erstmals findet in der Bundesrepublik eine Fußball-Weltmeisterschaft statt. Das ganze Land ist im Ball-Fieber und die deutsche Nationalmannschaft nimmt erstmals einen Song auf: "Fußball ist unser Leben" schmettern die Mannen um Franz Beckenbauer, Sepp Maier und Gerd Müller aus voller Brust. Das Lied wird schnell zur Hymne des Turniers. Als das deutsche Team auch noch sein Auftaktspiel gegen Chile mit 1:0 gewinnt, singen, summen und pfeifen Fans im ganzen Land mit. Die Stimmung ist prächtig.
"Ein übler Chauvinismus"
Doch dann kommt Panorama und wird zum Spielverderber - zumindest was "Fußball ist unser Leben" angeht. Die Redakteure des Politikmagazins können es nicht lassen und schauen sich den Text des Liedes natürlich ganz genau an. Sie kommen zu einem erschreckenden, allerdings recht exklusiven Befund: Von einem "üblen Chauvinismus" ist da die Rede, von Manipulation, vom "Produzieren eines verlogenen Gemeinschaftsgefühls". Kurzum: Die Nationalmannschaft habe nicht den richtigen Ton getroffen.
Den freudlosen Beitrag vom 17. Juni 1974 haben wir nun, 40 Jahre danach, pünktlich zur WM in Brasilien, im Archiv wiedergefunden. Ja, er wurde damals so gesendet! Und nein, die deutsche Mannschaft wurde danach nicht stante pede disqualifiziert.
Der Rest der Geschichte ist bekannt: Das Team von Helmut Schön konnte sogar noch besser kicken als singen und wurde einige Tage später Weltmeister. Es soll Panorama-Redakteure gegeben haben, die sich darüber sogar ein bisschen gefreut haben.