Stand: 27.06.2012 16:24 Uhr

Korruption bei Bahn-Tochterunternehmen?

von Annika Sepeur, Peter Hornung und Jürgen Webermann, NDR Info
Reisende auf dem Bahnsteig © Henlisatho / Fotolia.com Foto: Henlisatho
Das Bahntochterunternehmen DB Energie steht unter Verdacht, bevorzugt Aufträge an die Firma Getec vergeben zu haben

Es war vor gut zwei Wochen, da standen die Ermittler vor Haustüren in Frankfurt, Magdeburg und Hannover. Im Visier von Staatsanwaltschaft und Polizei: das Bahntochterunternehmen DB Energie und der Magdeburger Energielieferant Getec AG.

Insgesamt 120 Beamte fuhren bei zwei Firmenzentralen und einer Privatwohnung vor. "Durchsucht worden ist zum einen in Frankfurt bei der Bahntochter und zum anderen in Magdeburg bei der Firma und auch am Wohnsitz des Vorstandsvorsitzenden in Hannover", sagte Doris Möller-Scheu, Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft. "Dabei wurden Datenträger sichergestellt und diverse Papiere, die aber alle noch gesichtet werden müssen." Insgesamt sechs Personen seien beschuldigt, drei bei der Bahn, drei bei Getec. "Es geht dabei um den Verdacht, Aufträge in Millionenhöhe bevorzugt vergeben zu haben an die Magdeburger Firma, die im Gegenzug dafür Geld- und Sachzuwendungen geleistet haben soll."

DB Energie will mit Behörden kooperieren

Die Bahntochter DB Energie ist nach eigenen Angaben Deutschlands fünftgrößter Energieversorger, mit rund 1.600 Mitarbeitern und 2,8 Milliarden Euro Umsatz. Ein Bahnsprecher erklärte, dass Unternehmen sei an der Aufklärung der Vorwürfe in höchstem Maße interessiert und kooperiere mit den Ermittlungsbehörden. Nach Informationen von NDR Info hatte die Bahn schon längere Zeit intern gegen Mitarbeiter ermittelt, bevor sie den Fall an die Staatsanwaltschaft weitergab.

Der Bahn-Vertragspartner Getec, unter anderem Energielieferant für die Hauptbahnhöfe in Berlin und Frankfurt am Main, weist alle Anschuldigungen zurück. Die Firma erklärte schriftlich: "Die erhobenen Vorwürfe treffen nicht zu. Wir gehen davon aus, dass die Klärung zeitnah zu einer Einstellung des Verfahrens führen wird." Man habe alle Projekte mit der Bahn geprüft und deren Zahlungsströme untersucht. "Zahlungen an Dritte oder an Mitarbeiter der Deutschen Bahn oder DB Energie, die den Tatbestand oder auch nur den Anschein von Korruption beinhalten, hat es nicht gegeben."

Gerhold rechnet mit Einstellung des Verfahrens

Auch der Vorstandsvorsitzende des Energielieferanten Getec, Karl Gerhold, ließ die Vorwürfe zurückweisen. Er rechne mit einer baldigen Einstellung des Verfahrens. Gerhold war Anfang der 90er-Jahre Staatssekretär und erster Chef der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt. Seit März 2012 ist der Unternehmer auch Verwaltungsratsvorsitzender des Mitteldeutschen Rundfunks. Das Ermittlungsverfahren stehe jedoch "in keinem denkbaren Zusammenhang" mit dieser Tätigkeit, teilte ein Getec-Sprecher mit. Gleichwohl habe Gerhold Verantwortliche des Senders über das Verfahren informiert.

Nachtrag 23.03.2013:

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption bei einer Tochter der Deutschen Bahn und einem Magdeburger Energiedienstleister eingestellt. Der Verdacht habe sich nicht bestätigt, so eine Sprecherin. Die Beteiligten seien unschuldig, das hätten die zehnmonatigen Ermittlungen ergeben. Die Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft betonte, dass diese Begründung durchaus ungewöhnlich sei. Normalerweise spreche man lediglich davon, dass es keinen Tatnachweis gebe. Im vergangenen Frühsommer hatten die Staatsanwälte Hausdurchsuchungen bei der Bahntochter DB Energie und beim Magdeburger Energiedienstleister GETEC vorgenommen. NDR Info hatte damals berichtet. Ein Gutachten hat nun den Verdacht zerstreut, dass Bahn-Beschäftigte bestochen wurden, damit Aufträge in Millionenhöhe an Getec gehen. Unschuldig ist damit auch Karl Gerhold, Chef von GETEC und Verwaltungsratsvorsitzender des Mitteldeutschen Rundfunks. Im Visier der Ermittler waren Verträge für die Lieferung von Wärme.

Panorama berichtete wiederholt über die Bahn, die in unverhältnismäßige Großprojekte wie Stuttgart 21 und Logistikunternehmen im Ausland investiert.

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