Entwicklungshilfe absurd: Kartoffelchips gegen den Hunger
Die Bundesregierung fördert unter dem Schlagwort Hungerbekämpfung die Kartoffelchipsproduktion in Afrika - das ergab eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke.
In der Anfrage kritisiert die Partei ein Gemeinschaftsprojekt des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und verschiedener Unternehmen, die sogenannte Potato Initiative Africa (PIA): Gemeinsam mit den Firmen Europlant, Solana, Bayer, K+S Kali und Syngenta hat das BMZ im Rahmen der German Food Partnership (GFP) die Potato Initiative Africa (PIA) gestartet. In Nigeria und Kenia möchte man damit einen modernen Kartoffel(verarbeitungs)sektor etablieren.
"Kein Bedarf an Kartoffeln als reguläres Nahrungsmittel"
Die Bundesregierung begründet diese Initiative mit dem Hinweis, dass verschiedene Studien in Kenia und Nigeria "einen Anstieg der nationalen Nachfrage nach verarbeiteten Kartoffelprodukten" belegen. In einer EU-Studie wird allerdings eingeräumt, dass in den afrikanischen Ländern kein Bedarf an Kartoffeln als reguläres Nahrungsmittel bestehe (weil "günstigere Substitute reichlich vorhanden" seien), sondern es um die mögliche Produktion von Kartoffelchips gehe.
"Für die beteiligten Unternehmen mag dies den Hunger nach neuen Geschäftsfeldern stillen, eine nachhaltige Hungerbekämpfung sieht jedoch anderes aus", so Niema Movassat, Sprecher für Welternährung der Fraktion Die Linke.
Unterstützt wird die PIA laut der Bundesregierung mit rund 1,4 Millionen Euro, die jeweils zur Hälfte vom BMZ und zur Hälfte von den privaten Partnern kommen.
Fragwürdige Kriterien
Das BMZ hatte unter der Führung von Dirk Niebel die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft ausgeweitet. Nach Panorama-Recherchen sind seitdem die Kriterien für die Auswahl der geförderten Projekte jedoch äußerst fragwürdig. In vielen Fällen dienen sie offenbar der Außenwirtschaftsförderung und der Imagepflege deutscher Unternehmen aus Problembranchen. Panorama hatte darüber berichtet.
Im Rahmen der GFP zahlte das BMZ Bayer CropScience 400.000 € dafür, dass es kenianische Pestizid-Einzelhändler im nachhaltigen und umweltschonenden Einsatz von Pestiziden schulte. Offenbar bekamen die Teilnehmer in den Seminaren von Bayer-Vertretern aber vor allem den Umgang mit Bayer-Pestiziden erklärt. Sie erhielten für ihren Pestizid-Laden anschließend ein Bayer-Gütesiegel und schwärmten von den Bayer-Produkten.
Vorgebliche Entwicklungshilfe-Projekt entpuppt sich als Werbeprogramm
So berichtete ein Vertreter von Bayer CropScience in Kenia Panorama stolz, dass das Unternehmen seinen Absatz durch das Programm um 20 Prozent steigern konnte und jetzt gut für den umkämpften Markt gerüstet sei. Das vorgebliche Entwicklungshilfe-Projekt entpuppte sich also vor allem als Werbeprogramm für die Pestizide des Bayer-Konzerns - großzügig finanziert durch Steuergelder aus dem BMZ. Es ist wohl kein Zufall, dass die Unternehmensberatung Deloitte den Bayer-Konzern lobt, für eine besonders geschickte Strategie, wie auch die ärmsten Teile der Weltbevölkerung als Kunden gewonnen werden können.
Das gilt wohl auch für die Potato Initiative Africa.