Stand: 22.06.2012 15:01 Uhr

EM: Rassismus und Hetze gegen Özil

von Andrej Reisin

Leider macht die Europameisterschaft in Polen und der Ukraine nicht nur positive Schlagzeilen: So kam es in den Stadien mehrfach zu längst überwunden geglaubten rassistischen Rufen wie "Affenlauten", die sich gleich gegen mehrere schwarze Spieler des Turniers richteten - darunter gegen den Italiener Mario Balotelli, den Tschechen Theodor Gebre Selassie und dunkelhäutige Spieler der niederländischen Mannschaft. Bisheriger negativer Höhepunkt war der Überfall polnischer Hooligans auf russische Fans in Warschau am Dienstag vergangener Woche.

Twitter-Hassbotschaften gegen Özil

Mesut Özil © picture-alliance/dpa-Zentralbild Foto: Thomas Eisenhuth
Opfer rassistischer Hetze im Internet: Mesut Özil.

Aber auch einige deutsche Fans machen offenbar negativ auf sich aufmerksam: Über einen anonymen Twitter-Account wurde während der Partie Deutschland gegen Dänemark gegen Mesut Özil gehetzt. Neben persönlichen Beleidigungen ging es den zwitschernden Rassisten vor allem darum, dass ihrer Meinung nach in der Nationalelf nur "echte" Deutsche spielen sollten. Die Familie des Nationalspielers will juristisch gegen die Urheber vorgehen, das Twitter-Profil wurde von dem Internet-Kurzmitteilungsdienst bereits geschlossen.

Panorama hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach über rassistische Hetze deutscher Neonazis gegen Nationalspieler mit Migrationshintergrund oder dunkler Hautfarbe berichtet. So bezeichnete der damalige NPD-Bundespressesprecher Klaus Beier Özil 2010 in Panorama als "Plastedeutschen". Er fände "es generell nicht schön, (...) wenn ein Völkermischmasch auf dem Platz steht", so der NPD-Mann damals. Auch im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hatte Panorama ausführlich auf den grassierenden Rassismus in einigen deutschen Stadien hingewiesen.

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Eine Rauchbombe auf dem Rasen eines Fußballstadions. © dpa Foto: Thomas Eisenhuth

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Friedrich: "Nur die Spitze des Eisbergs"

Eindeutige Botschaft: Dieser Deutschland-Fan auf dem Marktplatz vom Lemberg (Lviv) in der Ukraine trägt die Rückennummer "88" - ein Neonazi-Code für "Heil Hitler". Auf den Schultern prangt außerdem das Eiserne Kreuz - ein weiterer beliebter Code bei Rechtsextremen, um das in Deutschland verbotene Hakenkreuz zu umgehen. © Florian Schubert Foto: Florian Schubert
Eindeutige Botschaft: Dieser Deutschland-Fan auf dem Marktplatz vom Lemberg (Lviv) in der Ukraine trägt die Rückennummer "88" - ein Neonazi-Code für "Heil Hitler".

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bezeichnete die rassistische Hetze gegen Mesut Özil als "widerwärtig", wies aber zugleich darauf hin, dass die bei Twitter verbreiteten Parolen "nur die Spitze des Eisbergs“ seien. Friedrich kritisierte auch das Verhalten einiger Fans in der Ukraine. Diese sind nach Angaben des europäischen Fußballverbandes UEFA durch "ungebührliches Verhalten" und "unangebrachte Sprechchöre" aufgefallen. Das Internet-Fußball-Portal "goal.com" zitiert einen Sprecher des von der UEFA beauftragten Netzwerks "F.A.R.E" (Football Against Racism in Europe) mit den Worten, vor Anpfiff der Partie seine "eindeutig als extreme Rechte zu erkennende deutsche Fans durch Lemberg marschiert".

Beim Spiel hätten diese dann ein Banner mit der Fraktur-Aufschrift "Gott mit uns" gezeigt - der Wahlspruch, der im Zweiten Weltkrieg auf den Gürtelschnallen der Wehrmachtssoldaten prangte. Nach Panorama-Informationen soll es sich dabei offenbar um die Fahne einer Gruppierung aus Zwickau handeln, die auch dort regelmäßig bei den Heimspielen des örtlichen FSV hängt. Die UEFA-Ermittlungen zu den Vorfällen dauern noch an, eine Verurteilung des DFB als betroffenem Verband gilt aber als so gut wie sicher.

 

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