Die neue Disziplin: "Schlagt den Steinbrück"
Das scheint die neue Lieblingssportart in der politischen Arena zu sein: Schlagt den Steinbrück. Er kann machen, was er will; andere können für ihn machen, wovon er vielleicht gar nicht alles weiß; er kann sagen, was er will; er kann’s auch bleiben lassen - ist alles egal. Immer feste drauf.
Jetzt also gespielte öffentliche Aufregung wegen des "Peerblogs". Da wollen ein paar Schreiber und Rechercheure, die es mit Steinbrück gut meinen, für ihn bloggen, anonyme Geldgeber wollten das finanzieren - alles ohne Absprache mit der SPD - und schon wird der SPD-Kanzlerkandidat wieder ins Jauchefass der Verdächtigungen getunkt. "Intransparent", "verdeckte Parteienfinanzierung" - wird sich doch irgendwas finden lassen. Selbst der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim, der immer ganz schnell Unrat wittert, wenn’s in der Politik um Geld geht, befand, rechtlich sei nach der geltenden Gesetzeslage alles in Ordnung. Einem Steinbrück nützt das nichts. Einmal im Verschiss, immer im Verschiss.
Die Doppelmoral von Teilen der veröffentlichten Meinung ist wahrhaftig atemberaubend: An den - euphemistisch formuliert - Traumgagen medialer Stars für deren Auftritte mäkelt kaum einer herum. Aber Peer Steinbrück taugt für viele nicht mehr zum sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten, weil er vor seiner Nominierung marktübliche Gagen für kluge Vorträge genommen hatte.
Die Binsenweisheit, dass ein Sparkassen-Direktor mehr verdient als die deutsche Regierungschefin hätte er sich vielleicht verkneifen sollen, aber nur aus Image-Gründen, nicht um der Wahrheit willen. Hat er aber nicht. Und schon wurde Peer Steinbrück gejagt, als hätte er schon mal im Vorgriff auf die ersehnte Kanzlerschaft seiner Rivalin Merkel ein halbes Jahresgehalt geklaut.
Im Windschatten der sich ständig erneuernden künstlichen Aufregung um Peer Steinbrück kann Angela Merkel tun und vor allem lassen, was sie will – eine Chaos-Truppe, genannt Kabinett, ständig Chaos produzieren lassen – „Mutti“ schwebt auf Wolke sieben ungebrochener Zustimmung. So ist auch das ein Lehrsatz unserer Demokratie: Das Leben ist ungerecht.