Die KiK-Story – die miesen Methoden des Textildiscounters
Nur 25,96 Euro – für diese Summe konnte sich "Panorama"-Reporter Christoph Lütgert in einer Filiale des Textil-Discounters KiK von Kopf bis Fuß vollständig einkleiden. Auf dem roten Teppich präsentieren sich zu Werbezwecken auch Promi-Ikonen wie Verona Pooth in einem Outfit des Textildiscounters. Das Werbegesicht der Billigkette soll offenbar vermitteln, dass KiK nicht nur günstig, sondern auch gesellschaftsfähig ist.
Doch Fragen zu Produktionsmethoden und Dumpinglöhnen will Pooth nicht beantworten. Auch die Geschäftsführung von KiK schweigt. Dabei gibt es viele Vorwürfe, die damit unbeantwortet bleiben: Verkäuferinnen, die kaum von ihrem Gehalt leben können; Druck und Kontrollen am Arbeitsplatz; sowie die Ausbeutung in Produktionsländern wie Bangladesch – all das zeigt "ARD-exclusiv: Die KiK-Story" am Mittwoch um 21.45 Uhr in der ARD und in einer anderen Fassung in "Panorama - die Reporter" (NDR-Fernsehen, 4.8.2010, 22:35 Uhr).
KiK klagt gegen Ausstrahlung - und verliert
Vor der Ausstrahlung hatte der NDR allerdings bereits eine umfangreiche gerichtliche Auseinandersetzung mit KiK, in der sich der Sender in fast allen relevanten Punkten durchsetzen konnte. Zunächst hatte das Hamburger Landgericht im Mai untersagt, in Bangladesch interviewte Näherinnen als "KiK-Näherinnen" zu bezeichnen, weil deutsche KiK-Mitarbeiter an Eides statt erklärt hatten, dies entspräche nicht der Wahrheit. Diese eidesstattlichen Versicherungen beruhten auf bloßem Hörensagen, reichten dem Gericht aber damals dennoch aus. Im Juli hob das Gericht diese Entscheidung nun wieder auf, weil Christoph Lütgert neues Bildmaterial und Belege, etwa eidesstattliche Versicherungen der Näherinnen, aus Bangladesch präsentieren konnte, die die Beschäftigung der Frauen im Auftrag von KiK weiter belegen.
Mit derartigen juristischen Tricks versucht der Textil-Discounter offenbar, kritische Berichterstattung in Deutschland zu verhindern. Die vier Frauen aus Bangladesch dürfen nun weiter als "KiK-Näherinnen" bezeichnet werden. Auch dass die Heizungen in einer Filiale sechs Jahre lang defekt waren, dass Aushilfen je nach Bedarf zwischen sechs Filialen hin- und herspringen und von morgens 9.00 bis abends 20.00 Uhr bereitstehen müssen und dass mit dem Ergee-Label Billigsocken aus Billigländern zu Markenware veredelt werden, wollte KiK mithilfe der Gerichte vertuschen – ohne Erfolg.
Mitarbeiter in Deutschland systematisch bespitzelt
Auch wegen der Behandlung der Mitarbeiter in Deutschland steht KiK weiter unter Druck: Nachdem Panorama berichtet hatte, dass Mitarbeiter in der Vergangenheit entlassen wurden, wenn eine Creditreform-Auskunft negativ war, prüft die Staatsanwaltschaft Dortmund die Wiederaufnahme ihrer bereits eingestellten Ermittlungen.
Ein ehemaliger Bezirksleiter, Guido Hagelstede, hatte in Panorama darüber berichtet, wie KIK über mehrere Jahre systematisch die persönlichen Vermögensverhältnisse vieler tausend Mitarbeiter ausgeforscht hatte – mit dem Ziel, sich von ihnen zu trennen, falls sie in massiven finanziellen Schwierigkeiten steckten. Hagelstede, dem bis zu 15 Filialen und über 100 Mitarbeiter unterstanden, schilderte in Panorama, solche Informationen über die Bonität der KiK-Mitarbeiter seien bei der Auskunftei "Creditreform" eingeholt worden. Er selbst, so der ehemalige Bezirksleiter, habe sich auf Anweisung von oben wegen solcher Negativauskünfte von Mitarbeitern trennen müssen oder ihre Verträge nicht verlängern dürfen.
Nach monatelangen Recherchen zeigt die "Panorama"-Redaktion nun in zwei unterschiedliche Filmen, wie die Billigpreise bei KiK zustande kommen – und wie Menschen dafür teuer bezahlen müssen. Kronzeugen, Aussteiger und Dokumente geben verstörende Einblicke in die Welt des KiK-Konzerns. Beide Dokumentationen sind am Mittwoch, 4. August, zu sehen: "ARD-exclusiv: Die KiK-Story – die miesen Methoden des Textildiscounters" kommt um 21.45 Uhr im Ersten, "Panorama – die Reporter: Die KiK-Story 2" um 22.35 Uhr im NDR Fernsehen.