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Montag, 09. November 2020, 22:00 bis
22:45 Uhr
Als das Coronavirus erkannt wurde, war es schon zu spät: Innerhalb weniger Tage infizierten sich 112 der 160 Bewohnerinnen und Bewohner des Wolfsburger Hanns-Lilje-Heims mit Corona, 47 von ihnen starben. Auch viele Pflegekräfte erkrankten an Covid-19. Die diakonische Einrichtung für demenziell erkrankte Menschen war zur Todesfalle geworden.
In der Öffentlichkeit entstand bald das Bild vom "Horrorheim". Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, anonyme Vorwürfe fanden weite Verbreitung.
Eine Rekonstruktion der Ereignisse
In einer aufwendigen Recherche rekonstruieren Arnd Henze und Sonja Kättner-Neumann die tragischen Wochen vor Ostern 2020 im Hanns-Lilje-Heim. Immer wieder konnten sie Pflegekräfte im Schichtdienst in den für Besucherinnen und Besucher immer noch gesperrten Wohnbereichen begleiten. Die Autoren sprachen mit Angehörigen von Verstorbenen und Überlebenden, mit Ärzten, Verantwortlichen der Diakonie, dem Wolfsburger Oberbürgermeister als Leiter des Krisenstabes und mit Medizinethikern.
"Ich habe mich wie eine Gefängniswärterin gefühlt"
Viele der Beteiligten sind noch immer traumatisiert: von dramatischen Entscheidungen im Blindflug, der permanenten Überforderung und dem oft vergeblichen Kampf um das Leben der Erkrankten, von den Kontaktverboten und nicht zuletzt von den rigiden Isolationsmaßnahmen zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner.
Denn niemand konnte den an Demenz erkrankten Menschen im Heim begreiflich machen, warum sie plötzlich von Pflegekräften in Raumanzügen in ihre Zimmer eingesperrt wurden. "Ich habe mich wie eine Gefängniswärterin gefühlt", erzählt eine Pflegerin.
Schwieriger Weg zurück in den Alltag
Noch immer sucht das Heim einen Weg zurück in einen Alltag unter Coronabedingungen. Besuche sind nur unter strengen Hygieneauflagen erlaubt, Einschränkungen, die den Kontakt mit den demenziell Erkrankten für die Angehörigen kaum erträglich machen. Umso größer ist die Sorge vor dem Winter und einer zweiten Welle. "Ein Krieg ist irgendwann vorbei. Corona hört nicht auf", sagt eine Pflegerin aus Kroatien, die als Kind einst vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Niedersachsen geflüchtet war.
Welche Lehren lassen sich ziehen?
Die Dokumentation vermittelt einen exklusiven Einblick in die oft widersprüchlichen Erfahrungen der Betroffenen dieser Katastrophe. So entsteht ein Bild, in dem Dankbarkeit für das Engagement der Pflegekräfte und hilflose Wut über das einsame Sterben von Verwandten nebeneinander stehen. Fehler und Versäumnisse werden benannt, ohne zu verurteilen.
Denn wichtiger als die Suche nach Schuldigen ist die Frage: Welche Lehren lassen sich aus den Erfahrungen von Wolfsburg ziehen, damit Pflegeheime nicht immer wieder zur Todesfalle werden? Und vielleicht noch dringlicher: Was muss getan werden, damit der Schutz vor dem Virus nicht zum sozialen Tod in Einsamkeit führt?
- Autor/in
- Sonja Kättner-Neumann
- Regie
- Arnd Henze
- Redaktion
- Gabriele Bauer
- Redaktionsleiter/in
- Anja Würzberg
- Produktionsleiter/in
- Katja Theile
- Redaktion
- Gabi Bauer