NDR Story
Montag, 26. August 2024, 22:00 bis
22:45 Uhr
Lange Wartezeiten, überfordertes Personal, E-Mails, die ins Leere laufen, oder Fehlentscheidungen sorgen immer wieder für Schlagzeilen - Kritik an den Ausländerbehörden kommt von Flüchtlingsräten, Wohlfahrtsverbänden, Landkreisen und Unternehmen.
Dabei sind Ausländerbehörden für Geflüchtete, Einwandererinnen und Einwanderer die Tür nach Deutschland. In den Ämtern wird geprüft, wer hierbleiben darf und wer nicht. Sie sollen dafür sorgen, dass die so dringend benötigten Fachkräfte zuwandern und gleichzeitig sicherstellen, dass Menschen ausreisen, die hier nicht erwünscht sind. Die Beschäftigten der Behörden sind die "Gatekeeper" der Nation. Wie ist ihre Perspektive auf die wohl umstrittenste Behörde Deutschlands: die Ausländerbehörde?
Hoher Arbeitsdruck in der Ausländerbehörde
Für die Dreharbeiten wurden rund 90 Behörden in ganz Norddeutschland angefragt. Nur wenige waren dafür offen, darunter die Ausländerbehörde Stadt Hannover. Der Film begleitet Mitarbeitende im Willkommenscenter, in der Abteilung für Einbürgerung und im Bereich Rückführung der Behörde. Sie alle stehen unter hohem Arbeitsdruck.
Der Film zeigt, wie sie damit umgehen, nie einen leeren Schreibtisch zu haben. Er zeigt den Alltag der Menschen, die die Einwanderung nach Deutschland verwalten. Allein in Hannover leben rund 123.000 Menschen aus Drittstaaten. Für sie sind die Angestellten der Behörde die ersten und oft auch die wichtigsten Ansprechpartner.
Großer Andrang in der Ausländerbehörde Hannover
Der Andrang im Willkommenscenter, das von Montag bis Freitag jeweils vier Stunden geöffnet hat, ist groß. Es kommen Kunden mit der Bitte um Verlängerung ihres Aufenthaltstitels, mit Fragen zum Familiennachzug, weil sie eine Arbeitserlaubnis brauchen, die Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation oder weil sie ihre Papiere verloren haben.
Am Empfangstresen der Behörde fertigt Frau Sievers im Fünfminutentakt die Menschen ab, leitet Anträge weiter, fotokopiert Dokumente oder verweist an die Abteilung für Fachkräfte und Studierende. Manches lässt sich sofort erledigen.
Frust und Unverständnis wegen langer Wartezeiten
Doch viele Anliegen müssen erst überprüft und bei einem längeren Beratungstermin geklärt werden. Die Wartezeit bis dahin: acht Monate. "Die Terminspuren sind voll. Wir haben das Problem: ohne Mitarbeiter, keine Termine", erklärt Sievers. Enttäuschung, Frust und Unverständnis auf Seiten der Kundinnen und Kunden müssen Frau Sievers und ihre Kolleginnen und Kollegen aushalten.
Fachkräftemangel auch in der Ausländerbehörde
Von den 300 Stellen der Ausländerbehörde ist jede fünfte nicht besetzt. Fachkräftemangel herrscht auch hier. Dabei müssen die Beschäftigten umsetzen, was die Politik beschließt. Und mit jedem neuen Gesetz müssen Mitarbeitende geschult und Abläufe verändert werden, während der Kundenandrang durch die Neuregelungen steigt. Zum Beispiel beim Thema Fachkräfteeinwanderung.
Reformierte Gesetze sorgen für mehr Anträge auf Einbürgerung
Viermal wurde das Fachkräfteeinwanderungsgesetz seit 2020 geändert, um die Zuwanderung dringend benötigter Berufsgruppen zu erleichtern. Auch das Staatsangehörigkeitsgesetz wurde reformiert und wird, so die Prognosen, die Antragszahlen in den Abteilungen für Einbürgerung drastisch erhöhen. Um den erwarteten Ansturm zu bewältigen, hat die Ausländerbehörde in Hannover die Abteilung für Einbürgerung aufgestockt und beschäftigt auch Quereinsteiger: Politologinnen etwa oder Juristen.
Aber es wird noch Personal gesucht. Die Prüfaufträge sind umfangreich und die Wartezeit von der Antragsstellung bis zur Einbürgerung beträgt Monate und manchmal auch noch länger. Bundesweit liegt sie je nach Ausstattung der Behörden bei bis zu fünf Jahren.
Viele Politiker*innen fordern mehr und schnellere Abschiebungen
Auch im Bereich "Rückführungen" sind die Erwartungen hoch. Politiker*innen fast aller Parteien bis hin zum Bundeskanzler fordern mehr und schnellere Abschiebungen. Erleichtern soll sie das neue Rückführungsverbesserungsgesetz, das unter anderem eine längere Abschiebehaft und mehr Durchsuchungsmöglichkeiten der Behörden erlaubt.
Herr Fredrich, zuständig für Rückführungen in Hannover, glaubt allerdings nicht, dass die Neuregelung zu großen Veränderungen führen wird. Der Hauptgrund: Viele Betroffene sind ohne Identitätspapiere eingereist. Und ohne diese Dokumente nimmt kein Land die Menschen auf.
- Autor/in
- Ute Jurkovics
- Mitarbeit
- Manuel Biallas
- Raja Khadour
- Produktionsleiter/in
- Anja Reingold
- Redaktionsleiter/in
- Kathrin Becker
- Redaktion
- Julia Saldenholz