Weitläufige Strände und dahinter duftende Pinienwälder, die in der Atlantikbrise rauschen: Die Küste von Uruguay, dem kleinsten spanischsprachigen Land Südamerikas, ist wild und meist menschenleer. Doch in der Metropole Montevideo steht die Küste kopf: Auf der Rambla, der Küstenstraße der Hauptstadt, tanzen sich jedes Wochenende die Nachfahren der Sklaven in ekstatische Verzückung zu den traditionellen Candombe-Trommelklängen.

Hat ein großes Erbe angetreten: Wellington Silva ist Chef der Trommeltruppe mit dem nüchternen Namen "C 1080". Sein Vater war eine "Candombe"-Legende, diese Musik- und Tanzform wurde einst von Sklaven entwickelt, die in Uruguay verkauft wurden.

Angeführt wird einer der pulsierenden Züge von Wellington Silva, Dirigent, Eintänzer und Manager der Trommeltruppe mit dem Namen C 1080. Dieser energiegeladene Tanz wurde 2009 mit all seinen komplexen Regeln und Facetten in die Liste des immateriellen UNESCOKulturerbes aufgenommen.

Cabo Polonio - ein quirliges Hippie-Dorf

Laster und Lippenstift: Die 27-jährige Agustina Nuñez bringt in den Sommermonaten mit ihrem alten russischen LKW Besucher in das Dünendorf Cabo Polonio, den Rest des Jahres arbeitet sie als Visagistin in Montevideo.

Im unwegsamen Gelände des Nationalparks von Cabo Polonio steuert Agustina Nuñez ihren riesigen 40 Jahre alten Ural-Lkw durch gewaltige Sanddünen und malt sich dabei ganz lässig die Lippen nach. Auf der Ladefläche werden ihre 40 Passagiere kräftig durchgeschaukelt. Sie wollen unbedingt nach "Cabo", einem legendären und quirligen Hippie-Dorf mit bunten Hütten und vorgelagerter Seeelefanten-Kolonie.

Der rollende Dorfladen von La Paloma

Rund um die "Laguna de Rocha" ist Milton Molina mit seinem rollenden Einkaufsladen unterwegs: Er beliefert kleine Fischerdörfer mit allem, was auf seinen Wagen samt Anhänger passt.

In La Paloma ragt eine zehn Kilometer lange Landzunge aus Dünensand ins Meer. Hier fährt Milton Molina mit uraltem Auto samt Anhänger zweimal die Woche in die Einsamkeit der Laguna de Rocha. Sein Gespann ist vollgepackt bis unters Dach. Mit dem rollenden Dorfladen versorgt Milton die Fischerfamilien in dieser entlegenen Ecke. Er hat alles an Bord, was der Mensch braucht. Und so nebenbei bringt der Kaufmann den Kindern das Rechnen bei. Ganz praktisch, mit Geld!

Ein großes Herz für Seelöwenbabys

Ein Herz und eine Seele: Richard Tesore, der Leiter der Meeresschutz-Station "SOS Rescate Fauna Marina", hat seinem Pflegekind den Namen "La Loca Tóxica", "verrückte Nervensäge", verpasst.

Ebenso fleißig und der Jugend zugewandt päppelt Richard Tesore an den Stränden von Punta Colorada seit 27 Jahren Seelöwenbabys mit der Flasche auf. Sein aktuelles Pflegekind hat er La Loca Tóxica getauft. Die kleine "verrückte Nervensäge" ist extrem anhänglich und folgt Richard auf Schritt und Tritt, auch an den Strand zum morgendlichen Bad. Alles ist eben ein wenig anders an dieser Küste. Und zumindest für die Besucher von der Nordhalbkugel steht die Welt hier Kopf. Unser Norden ist der Süden, sagen sie in Uruguay.