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Die Krise der Mittelschicht: Viel Arbeit, wenig Geld

Montag, 07. November 2022, 22:00 bis 22:45 Uhr

Die Preise steigen dramatisch, die Inflation frisst das Geld auf. Wer bisher gerade so mit seinem Einkommen auskam, ist statistisch gesehen jetzt schon zweieinhalb Tage vor Monatsende pleite. Dabei steht die kalte Jahreszeit mit hohen Heizkosten noch bevor. Das trifft selbst die Mittelschicht hart.

Die Generation nach den Babyboomern ist die erste nach dem Zweiten Weltkrieg, die ihre Eltern mehrheitlich nicht wirtschaftlich übertreffen wird. Laut einer aktuellen Studie der OECD schrumpft die Mittelschicht in Deutschland besonders stark. Vor allem der untere Rand ist abstiegsgefährdet.

Menschen, deren Einkommen am Monatsende bei Null steht

Nach dem Unterricht geht die Arbeit zuhause weiter. Claudia Gräßner muss Arbeiten korrigieren, ihren Unterricht vor- und nachbereiten. © NDR
Nach dem Unterricht geht die Arbeit zu Hause weiter. Claudia Gräßner muss Arbeiten korrigieren, ihren Unterricht vor- und nachbereiten.

Auch das Leben von Menschen, die sich selbst fest zur Mitte zählen, gerät ins Wanken. Wie das von Claudia: Sie ist studierte Lehrerin und bringt erwachsenen Schülerinnen und Schülern Deutsch bei, das Fundament für eine erfolgreiche Integration. Doch obwohl ihre Arbeit einen großen Wert für die Gesellschaft hat, fühlt sich Claudias Leben zunehmend prekär an.

Sie arbeitet circa 60 Stunden die Woche und landet trotzdem am Ende des Monats bei Null. So wie Claudia geht es vielen Menschen aus der Mitte: Verkaufspersonal, Postzustellkräften, Erzieherinnen und Erziehern, Menschen, die den Laden doch angeblich "am Laufen halten".

Wie ist es zu erklären, dass jahrelang die Wirtschaft wächst, der Wohlstand aber nicht in der Breite ankommt? Wieso fehlt es so vielen in der Mittelschicht an Sicherheit und Rücklagen? Wie wirkt sich das auf den Zusammenhalt in der Gesellschaft aus?

Mittelschicht kann Lebensträume nicht mehr so einfach umsetzen

Das eigene Haus im Grünen, ein Auto vor der Tür, Urlaubsreisen, eine sichere Rente, ein gutes und ein abgesichertes Leben: Diese Lebensträume sind fest in der Mittelschicht verankert, doch trotz Ausbildung und harter Arbeit lassen sie sich nicht mehr so einfach umsetzen. Das war nicht immer so: Früher konnte es auch ein einfacher Angestellter zu kleinem Wohlstand bringen und sich oft sogar ein Eigenheim leisten.

Die Journalistinnen Julia Friedrichs und Caroline Rollinger treffen für ihren Film drei Menschen, die außergewöhnlich offen über ihre finanzielle Situation sprechen. Wie viel Geld kommt rein, wie viel Geld geht für was raus? Und was bleibt am Ende übrig?

Neue Wirtschafts- und Finanzpolitik für alle?

Der Film stellt auch die Frage nach der politischen Verantwortung. Schließlich war die SPD seit Beginn der 1980er-Jahre 20 Jahre lang an der Regierung beteiligt. Eine Partei, die sich immer als Schutzmacht der "kleinen Leute" verstanden hat. Die Finanzexpertin Philippa Sigl-Glöckner (32) hat in Oxford studiert, bei der Weltbank gearbeitet und die Regierung von Liberia beraten. Sie ist Mitglied in der SPD und davon überzeugt, dass man all diese Entwicklungen nicht fatalistisch hinnehmen müsse. "Wir sind keine Geiseln der Verhältnisse", sagt sie. Deshalb hat sie mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Thinktank "Dezernat Zukunft" gegründet. Das Ziel: Instrumente für eine Wirtschafts- und Finanzpolitik zu erdenken, die messbar wieder allen dient.

Zu den Autorinnen: Julia Friedrichs hat mehrere Bücher zu sozialen Themen veröffentlicht. Darunter zuletzt "Wir Erben. Was Geld mit Menschen macht" und "Working Class". Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Dr. Georg Schreiber-Medienpreis sowie den Grimme-Preis. Caroline Rollinger ist Fernsehautorin für Dokumentationen und Reportagen unter anderem für Das Erste und den NDR.

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Redaktionsleiter/in
Kathrin Becker
Autor/in
Caroline Rollinger
Julia Friedrichs
Redaktion
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Produktionsleiter/in
Anja Reingold

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Konjunktur