Der "Fünf Uhr-Club" geht an den Start
Tatsächlich beschloss der NDR wenig später, eine einstündige Sendung auszustrahlen, die sich an den neuen Ansprüchen der Jugend orientierte: den "Fünf-Uhr-Club". Möglicherweise spielte man auf den erfolgreichen "Five-O’Clock-Club" des Soldatensenders AFN an, auf jeden Fall verwies der Titel auf die Sendezeit. Jeweils ab fünf Uhr nachmittags fand der "Club" werktäglich seinen Platz im zweiten Programm des NDR.
Verantwortlich für den "Fünf-Uhr-Club" wurde der Redakteur Wolfgang Bombosch, der mit einem Team von zunächst vier weiteren Stammmoderatoren die Sendung inhaltlich gestaltete. "Ein Großteil der Sendung sollte aus modernster Popmusik bestehen", erinnert sich Wolfgang Bombosch. "Dazwischen gab es etwa drei bis vier Wortbeiträge, die politische Themen aber auch Themen aus dem Alltag von Jugendlichen behandelten." Auf diese Weise sollte eine Politisierung der Jugend zu erreicht werden.
Der "Fünf-Uhr-Club" geht auf Sendung
Am 1. Dezember 1969 war es so weit: Der "Fünf-Uhr-Club" brachte den Jugendlichen das, was sie zuvor so schmerzlich im Radio vermisst hatten – die aktuelle englische Popmusik sowie Wortbeiträge, die sich mit den alltäglichen Interessen und Problemen junger Menschen auseinandersetzten. Der Inhalt dieser Wortbeiträge deckte dabei eine breite Spanne ab. Von der richtigen Ausrüstung fürs Trampen und Motorradfahren bis zu politischen Ereignissen wie dem Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima wurde alles behandelt.
Die Moderatoren – ein Markenzeichen des "Clubs"
Jeder Wochentag hatte einen festen Moderator, der durch die Sendung führte und ihr seinen ganz eigenen Stil gab. So begrüßte montags Henning Venske die jugendlichen Hörer, dienstags war es Rainer Wulff, mittwochs Monika Jetter, am Donnerstag Wolfgang Bombosch und freitags stimmte Baldur Filoda die "Club"-Gemeinschaft auf das bevorstehende Wochenende ein. In den nächsten Jahren gesellten sich noch weitere Moderatoren dazu und lösten einige der "alten Hasen" ab.
Die "Club"-Moderatoren mit ihrer lockeren Art wurden schnell zu einem Aushängeschild der Sendung, die durch einige Besonderheiten regen Anklang bei ihrer jungen Zielgruppe fand. So wurden die Donnerstag-Sendungen jeweils von einem ausländischen Sender mitgestaltet, der über den Musikgeschmack und die Interessen der Jugend im jeweiligen Land berichtete. Zu den Sendern, die dabei mit der Club-Redaktion zusammenarbeiten gehörten vor allem ORTF (Studio Straßburg) in Frankreich, der Deutsche Dienst der BBC in London, Polski Radio Warschau und der Ungarische Rundfunk in Budapest. Der "Fünf-Uhr-Club" beschränkte sich also nicht nur auf Norddeutschland, sondern warf auch einen Blick auf die Jugendszenen im westeuropäischen Ausland und hinter dem "Eisernen Vorhang".
In Kontakt mit der Jugend
Solche Angebote trugen dazu bei, dass sich schon bald eine "Club"-Fangemeinde bildete, die regen Anteil an den einzelnen Sendungen nahm. Etwa 250 Hörerbriefe gingen jeden Monat bei der Redaktion ein. Eine Hörerumfrage der "Club"-Redaktion 1978 unter fast 4.500 Hörern zeigte, dass die Sendung in der Zielgruppe der 16- bis 24-Jährigen eine Stammhörerschaft von 70 Prozent erreichte. Das Musikangebot des "Clubs" konnte sich ‚hören‘ lassen, denn die Redaktion wurde mit eingereichten Tonträgern geradezu überschwemmt. Durchschnittlich 150 Tonbänder, 75 Singles und 200 Langspielplatten gingen jede Woche ein, die in einer eigens dafür gebildeten Abhörkommission für die Sendung ‚gesichtet‘ wurde. Der Fokus der Sendung lag auf dem internationalen englischsprachigen Mainstream-Pop; eine Förderung von deutschen Bands oder der regionalen Musikszene war nicht beabsichtigt.
Konflikte um die Sendung
Der "Fünf-Uhr-Club" hatte die Zeichen der Zeit erkannt. Gleichwohl gab es auch Schwierigkeiten. So wurde der "Club"-Redaktion vorgeworfen, sie würde bei den politischen Themen ‚zu links‘ sein. Die Redaktionsmitglieder mussten sich des Öfteren rechtfertigen, erhielten aber Rückendeckung durch ihre Vorgesetzten, Hörfunk-Programmdirektor Franz Reinholz sowie seinen Stellvertreter und späteren Nachfolger Wolfgang Jäger.
Auch die Einbindung der Jugendlichen in die Gestaltung der Sendung lief nicht immer reibungslos. Zwar hatte der vom NDR initiierte "Arbeitskreis Jugendfunk" ein spezielles Gremium von sieben jugendlichen Rundfunkamateuren gebildet, das eigene Beiträge für die Sendung erstellen durfte und dem zeitweise auch Mitglieder des "Jugendstudios" von Fred Anton angehörten. Viele der von diesem Gremium eingereichten Beiträge wurden aber nicht in die Sendungen übernommen. "Das war für uns dann 'zu' modern", begründet Wolfgang Bombosch die damaligen Entscheidungen der "Club"-Redaktion. Darüber hinaus fehlte es den Beiträgen teilweise auch an der nötigen Qualität für eine Sendung, die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt werden sollten.
Der "Fünf-Uhr-Club" als Erfolgsmodell
Aber auch wenn sich die Möglichkeiten zur Mitwirkung der Jugendlichen an der Sendung als schwierig erwiesen: Das ursprüngliche Ziel wurde erreicht. "Es ging unserer Bewegung darum, dass überhaupt ein Sendeformat mit Musik und Inhalten für Jugendliche im Programm des NDR geschaffen werden sollte", so Fred Anton, "und diese Forderung ist mit dem ‚Club’ dann ja auch erfüllt worden." Dementsprechend löste sich der "Jugendstudio"-Verein nach der Erfüllung seiner Forderungen wenige Jahre später auf.
Der "Fünf-Uhr-Club" selbst erwies sich als Erfolgsmodell, das in den kommenden Jahrzehnten Bestand haben sollte. Nicht ohne Grund wurde die Sendezeit später auf zwei Stunden ausgedehnt. Die NDR Sendung wurde für mehr als eine Generation norddeutscher Radiohörer zu einem festen Begleiter ihrer Jugend. Sie war ein "fester Punkt im Tagesablauf", heißt es in aktuellen Blog-Einträgen, und in den Internetforen wird der "Club" heute als Kult gefeiert.
- Teil 1: Herausforderung für die ARD
- Teil 2: Five-O’Clock-Club - Fünf Uhr-Club: Gut zu merken