Prominenter Ausstellungsort in Washington

von Branka de Veer
National Museum of Natural History, Washington © Imago Images Foto: xGxJacksonx
National Museum of Natural History, Washington

Am 25. Januar 1955 übergab der deutsche Botschafter Heinz Krekeler dem amerikanischen Präsidenten Dwight David Eisenhower bei einem Festakt in Washington den Florentiner Mann. Die posthume Ehrung Blumenthals gipfelte in der feierlichen Übergabe des Denkmals im repräsentativen Hauptgebäude des Smithsonian Natural History Museums. Mit der Veranstaltung fand die „Dankspende des deutschen Volkes“ ihren Abschluss.

 

Spendenaufruf von Theodor Heuss

Die „Dankspende“ war eine Initiative der deutschen Zivilbevölkerung. Viele Menschen wollten sich für die Welle humanitärer Hilfe bedanken, die sie in den Nachkriegsjahren aus dem Ausland erfahren hatten. Der erste Bundespräsident Theodor Heuss bündelte 1951 die vielen Einzelaktivitäten unter dem Titel „Dankspende des deutschen Volkes“ und rief über Rundfunkansprachen zu weiteren Spenden auf. Auch in Amerika berichteten die Zeitungen, denn die USA standen bei den Hilfsaktionen nach dem Krieg an erster Stelle.*(1)

 

Kunstwerke als Dank

Die gespendeten Gelder kamen deutschen, zeitgenössischen Künstler*innen zugute. Heuss unterzeichnete im November 1951 eine Stiftungsurkunde und berief eine Jury zur Auswahl der Kunstwerke. Im Jahr 1955 endete die breit angelegte Aktion und es wurden mehr als 2000 Werke an 28 Staaten übergeben.

 

Warum entschieden sich die Amerikaner für den Florentiner Mann?

Die USA entschieden sich „unter drei zur Auswahl übersandten Modellen für eine Arbeit des Bildhauers Hermann Blumenthal.“*(2). Die Vermutung liegt nahe, dass die Amerikaner damals den Florentiner Mann in der Haltung des Knienden, stellvertretend für die deutsche Nation, als Bitte um Vergebung, vielleicht auch als ein Zeichen der Demut lasen. Eine Geste, die nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges eng mit Deutschland verbunden wurde.

 

Der Florentiner Mann auf hohem Sockel

Der Florentiner Mann von Herrmann Blumenthal, 1954. © Blumenthal
Der "Florentiner Mann", prominent im Eingangsbereich der Hamburger Kunsthalle (1954), Foto: Friedrich Hewicker

Für die künftige Präsentation in einem amerikanischen Museum sollte der Florentiner Mann repräsentativ und erhaben wirken, dennmit den Kunstwerken der Dankspende warb die junge Bundesrepublik auch um politische und kulturelle Wiederanerkennung im Ausland. Bevor die Skulptur verschifft wurde, schuf der Hamburger Steinmetz Hans Meinecke einen hohen Sockel aus wertvollem Marmor. Auf dem Podest steht in großen Lettern:

“THIS STATUE WAS GIVEN BY THE GERMAN PEOPLE AS A TOKEN OF GRATITUDE FOR THE GREAT AND GENEROUS ASSISTANCE IT RECEIVED FROM THE AMERICAN PEOPLE IN THE YEARS AFTER 1945.”

Der Florentiner Mann, in glänzend schwarzer Bronze auf dem marmornen Sockel thronend, wirkt weihevoll und stolz. Er gibt nun das majestätische Bild einer bedeutungsschweren Symbolfigur.

 

Ein Symbol des Wiederaufbaus – der Arbeitende Jüngling

Im Abschlussbericht der Dankspende, einer Publikation von 1955 unter dem Titel Absender Deutschland, sind eine Auswahl der verschenkten Kunstwerke abgebildet. Darunter auch der Florentiner Mann.*(3). Die Plastik ist ohne den extra angefertigten Sockel wiedergegeben und heißt nun Arbeitender Jüngling. Deutschland ist mit dem Wiederaufbau des Landes beschäftigt. Spiegelt sich die Aufgabe des Tages in der plötzlichen Umdeutung des Florentiner Mannes zum Steinklopfer?

 

Der Titel schreibt sich fort

Nach der Publikation Absender Deutschland griff man den neuen Titel des Florentiner Mannes auf und schmückte ihn weiter aus. Mit einer lebendigen Formulierung der Tätigkeit, beschreibt ein Journalist die Skulptur als einen „Hauer im Bergwerk, der sein Werkzeug mit beiden Händen über dem Kopf hält, um es gleich niedersausen zu lassen“. *(4) Erstaunlich, wie hier fälschlicherweise dem Florentiner Mann auch noch ein Werkzeug in die Hand gedichtet wird, ein Hammer.

 

Die Amerikaner und der Junge Arbeiter

Die Washingtoner Kunstkommission berichtete in ihrem Report von 1955, dass der Junge Arbeiter, die Skulptur von Hermann Blumenthal, zunächst den Kustoden der National Collection of Fine Arts übergeben worden sei, diese wählten einen geeigneten Ort der Aufstellung.*(5) Ob und wie lange die Skulptur mit Sockel und Inschrift in Washington öffentlich ausgestellt wurde, lässt sich anhand der Quellen bislang nicht beantworten. Heute findet sich in der Online-Sammlung des Museumskomplexes Smithsonian in Washington der Laboring Youth ohne Sockel im American Art Museum, befindet sich jedoch im Depot.*(6)

 

Der Florentiner Mann von Hermann Blumenthal auf dem NDR-Gelände vor dem Funkhaus am Rothenbaum in Hamburg. © NDR Foto: Marco Peter

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