Briefe: Bernard Schultze an Ulrich Beier

von Branka de Veer

Bernard Schultze (1915–2005) war zentraler Vertreter des deutschen Informel, einer radikal abstrakten Richtung der Malerei nach 1945. Ulrich Beier lernte Schultze, der ihm Freund und Mentor wurde, 1946 in Flensburg kennen. Die Triade weist in ihrer abstrakten Formensprache eine künstlerische Nähe zum malerischen Informel auf.

 

8. Mai 1956

"Was macht neben der Brötchenarbeit die eigenste? Steigst Du langsam in die vorderen Gräben des Experimentes der Avantgarde ich ermuntere Dich sehr dazu selbst wenn überall Minen liegen je gefährlicher die Arbeit umso interessanter. […] Kubicek in Berlin macht dolle Plastik, so ein bisschen wie die jungen Amerikaner, er baut abenteuerliches Eisen oder Drahtgestell und umkleidet es mit dem Zeug, womit man die Fußböden jetzt gießt /‘ne Kunstharzgeschichte […]. Dass [sic] wäre für Dich ein toller Lehrer, er gilt in unseren Kreisen als der beste Berliner Künstler."

 

Januar 1963

"Das ist ja eine Überraschung und ich sitze hier zwischen meinen Reliefs und habe die Fotos [der Triade] vor mir. Den stärksten Eindruck macht auf mich Modell II, es hat eine Atmung von Figuration und eine wie zerfallensein nicht mehr intaktsein, […] "Triade" ist mir nicht kompliziert genug, etwas dekorativ, die Blattform ist etwas zu offensichtlich. Es ist schwer für mich welches Dein Weg ist, der der intakt-Formen, glatt in der Nähe Brancusis oder der andere von Armitage, Chadwick ein wenig beeinflusste, kurz und gut, die Richtung finde ich gut. Wesentlich ist es etwas rücksichtslos Persönliches zu finden. […] wichtig ist das „magische Moment“. Wie überhaupt in der Kunst der Zukunft das magische und das sieht jeder auf seine Weise. Vor allem, lieber Uli, es geht gut vorwärts."

 

19. April 1965

"Das ist ja ein mächtiger Fortschritt was man da auf den Fotos sieht. […] Reduzierung und Konzentration. Ein Stück altes Steinmetzhandwerk mit heutigen Möglichkeiten. Das magische Moment, was zum Fetisch neigt, ist gut.[…] Deine Metallarbeiten finde ich nicht ganz so persönlich. […] Hast Du mal Flemming* etwas gezeigt. […] Übrigens kannst Du am 4. Mai im 3. Programm 20.45 über mich einen Film sehen, Arbeitsvorgänge."

 

13. August 1965

"Erst jetzt sage ich Dir Dankeschön für Deine Plastik, die so plötzlich da ins Haus zu uns kam. Bin ja neugierig wie du Deinen großen Auftrag machst. […] Schade, dass es immer so weit ist bis rauf nach Hamburg. Flemming bittet uns auch schon immer zu kommen."

 

*Hanns Theodor Flemming (1915–2005) war ein deutscher Kunsthistoriker. Er schrieb seit 1946 Kunstkritiken für Die Welt und war als künstlerischer Berater für den NDR tätig. Flemming stellte bereits 1960 den Kontakt zwischen Ulrich Beier und dem Sender her. Für die Kunstsammlung des NDR wurde auf Anraten Flemmings 1965 auch ein abstraktes Farbrelief von Bernard Schultze erworben.

Für die Bereitstellung der Briefe aus persönlichem Besitz danke ich Elisabeth Tatenberg.

Die Skulptur "Triade" von Ulrich Beier am NDR Rothenbaum in Hamburg. © Ulrich Beier

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