Podcast "Feel Hamburg" mit Dayan Kodua - Schauspielerin und Verlegerin
Stand: 01.05.2024 05:00 Uhr
2001 wurde sie zur ersten und bis heute einzigen schwarzen Miss Schleswig Holstein gewählt. Diese Auszeichnung hatte maßgeblichen Anteil an der Entwicklung ihrer Persönlichkeit, wie Dayan Kodua in der aktuellen Folge des Podcasts "Feel Hamburg" erzählt.
"Ich bin dadurch tatsächlich selbstbewusster geworden", erklärt Kodua. "Ich wusste auf einmal, dass es okay ist, 1,76 Meter groß zu sein. Es ist okay, schwarz zu sein." Diese Worte fassen den Kern ihrer Entwicklung zusammen: von Selbstzweifeln hin zu Selbstakzeptanz und Stärke. Dayan Kodua spricht über die Unsicherheiten, mit denen sie als Kind und Heranwachsende konfrontiert war. "Ich musste mich nicht mehr verstecken", erinnert sie sich. "Das sind so Sachen, die ich natürlich als kleines Mädchen gerne getan habe, mich krumm gemacht, damit ich nicht so groß bin, und versucht habe, im Sommer ständig eine Jacke anzuhaben, um bloß nicht dunkler zu werden."
Kodua berichtet auch von den alltäglichen Herausforderungen, mit denen sie als schwarze Frau konfrontiert ist, selbst als erwachsene Frau. Sie teilt eine besonders unangenehme Episode, in der Fremde ungefragt in ihre Haare griffen. "Das ist natürlich eine Frechheit", betont sie. "Ich versuche, trotzdem höflich zu sein aber sowas geht einfach nicht."
Dayan Kodua: Das Problem mit den Schubladen im Kopf
Sendung: "Feel Hamburg" | 01.05.2024 | 20:00 Uhr | von Kaiser, Daniel
51 Min
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Verfügbar bis 01.05.2026
Im Gespräch mit Daniel Kaiser erzählt Dayan Kodua von ihrer Wahl zur Miss Schleswig Holstein. 2001 wurde sie als erste und bisher einzige schwarze Frau gewählt. Diese Auszeichnung hat ihr sehr viel Selbstbewusstsein gegeben. Sie bekam die Bestätigung, dass es in Ordnung ist, schwarz zu sein und nicht der Durchschnittsgröße von 1,70 m zu entsprechen. Ihren Badeanzug, den sie damals trug, hat sie noch, ebenso die Schärpe, die sie gewonnen hat.
Dayan Kodua hat ihre Kindheit in Ghana verbracht und kam im Alter von neun Jahren nach Kiel. Ihr Vater war sehr streng und hat sie dazu gedrängt, sehr gut Deutsch zu lernen. Abends musste sie zuhause sitzen und Bücher lesen oder in der VHS Grammatik pauken, während ihre Freundinnen unterwegs waren. Heute ist sie ihrem Vater sehr dankbar für diese Strenge. Sie hat erkannt, dass Bildung der beste Weg zu Akzeptanz und Selbstbewusstsein ist.
Als Kind hatte sie sehr wenig Selbstbewusstsein und ertrug es widerwillig, dass ihr wildfremde Menschen in die Haare fassten. Dieses Anfassen afrikanischer Haare ist ein großes Problem, mit dem viele schwarze Kinder und auch Erwachsene zu kämpfen haben. Kodua empfindet das als großen Affront und macht das auch zum Thema ihrer Bücher, die sie für Kinder schreibt. So handelt ihr aktuelles Buch "Wenn meine Haare sprechen könnten" von einem Mädchen mit krausen Haaren. Es wird erzählt, was so besonders an der afrikanischen Tradition des Flechtens, der Cornrows und Braids ist und die Kinder werden darin bestärkt, sich gegen ungefragtes Anfassen zu wehren. Zurzeit trägt Dayan Kodua selbst Braids, die umgangssprachlich auch Rastazöpfe genannt werden. Bis diese Frisur fertig ist, muss sie rund vier Stunden beim Friseur verbringen.
Dayan Kodua erzählt auch, dass sie von der Frage "Woher kommst du?" sehr genervt ist. Sie muss diese Frage ständig beantworten und ärgert sich, dass die Menschen "Hamburg-Harburg" nicht als Antwort akzeptieren, sondern eigentlich wissen wollen, warum sie schwarze Haut hat. Schon als Kind hatte sie den großen Wunsch, einfach nur dazuzugehören. Und durch die ständige Frage nach ihrer Herkunft empfand sie sich als Außenseiterin.
Die Bezeichnung People Of Colour (POC) findet Dayan Kodua unpassend. Sie sagt von sich selbst, dass sie eine Schwarze, eine schwarze Frau ist. Als Schauspielerin hat sie einige Zeit in Kalifornien verbracht und dort erlebt, dass bei Castings der Hautton sehr genau vorgegeben ist. Dort gibt es alles von Light Brown bis hin zu Black. Ein besonderes Erlebnis während ihrer Zeit in den USA war ein Treffen mit dem Schauspieler Jeff Golblum, den sie auf einer Party kennenglernt und mit dem sie sich lange unterhalten hat.
Hier geht es zur Podcastempfehlung von Daniel Kaiser in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/hitze-letzte-generation-close-up/94732324/ und hier geht es zur Homepage von Dayan Kodua: https://dayan-k.de/
"Mein Vater war sehr streng"
Die Erziehung, die Kodua erhielt, spielte eine entscheidende Rolle bei der Formung ihrer Persönlichkeit. Ihr Vater legte großen Wert auf Bildung. "Mein Vater hatte Angst, dass ich meinen Traum nicht leben darf, wenn ich die Sprache nicht kann", erklärt sie. "Wenn meine Freundinnen unterwegs waren, musste ich in der VHS Grammatik lernen und zuhause viel lesen. Damit hat er mich total gestresst." Trotz der harten Lernmethoden ihres Vaters ist sie ihm heute dafür dankbar. Seine Entschlossenheit, sicherzustellen, dass sie die Bildung erhielt, die sie brauchte, spiegelte seine Sorge um ihre Zukunft wider.
Vorurteile und Alltagsrassismus
Eine Frage, die Kodua oft gestellt wird - "Wo kommst du her?" - hat tiefe emotionale Auswirkungen auf sie. "Warum triggert mich diese Frage so extrem? Warum macht mich das manchmal wütend?", fragt sie sich. Diese Frage erinnert sie an ihren langen Kampf, dazuzugehören und nicht aufgrund ihrer Hautfarbe ausgeschlossen zu werden. Auch vermeintlich nette Formulierungen wie: "Ich kenne auch Schwarze, ich habe eine Putzfrau aus Ghana" oder "obwohl du Schwarz bist" stoßen sauer auf. Sie musste lernen, sich gerade zu machen und stolz auf ihre Herkunft zu sein. "Ich habe dann gedacht, hey, vielleicht ist auch ganz gut, sich einfach mal damit auseinanderzusetzen, wo die Menschheit herkommt. Die sind aus Afrika, aus deinem Kontinent. Da bist du geboren und deine Eltern sind auch von dort. Also sei stolz."
Bei "Feel Hamburg" spricht Dayan Kodua mit Daniel Kaiser auch über die Kinderbücher, die sie schreibt, um Kindern, die nicht dem vermeintlichen Standard entsprechen, Mut zu machen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken. "Wenn meine Haare sprechen könnten" heißt ihr aktuelles Buch, das von der 7-jährigen Akoma handelt, der fremde Leute immer wieder ungefragt in die Haare greifen. Es geht um Selbstliebe und darum, Grenzen zu setzen.