Ferteel iinjsen: Alle Preise gehen an Friesinnen
Beim friesischen Schreibwettbewerb "Ferteel iinjsen" haben NDR 1 Welle Nord und das Nordfriisk Instituut zum elften Mal die besten Kurzgeschichten in nordfriesischer Sprache gefunden.
Elin Hinrichsen hat auf der Bühne in Leck im Kreis Nordfriesland in die Kameras moderiert - denn Gäste gab es in diesem Jahr nicht, das Corona-Jahr hat sich auch hier bemerkbar gemacht. Doch dies war kein Grund, die Abschlussgala und die Gewinnerkürung abzusagen: Im Livestream übertragen lasen Kerrin Ketels und Jens Jessen die fünf ausgewählten Geschichten. "Alles anders" war also nicht nur das Thema des elften friesischen Schreibwettbewerbes "Ferteel iinjsen" von NDR 1 Welle Nord und dem Nordfriisk Instituut, unterstützt von der Amrum Touristik - sondern auch das Motto des Tages.
Ein Thema, das passt
"Ales ööders" ist per Zufall entstanden. Als im April schon der Corona-Krise geschuldet das Thema für die elfte Ausgabe von "Ferteel iinjsen" in einer Telefonschalte besprochen werden musste, knackte und rauschte es plötzlich von Amrum. Dieses Jahr, so stöhnte der Amrumer Touristik-Chef Frank Timpe, sei eben alles anders. Damit stand das Thema fest. Dass es den Nerv getroffen hat, beweisen über 60 eingesandte Geschichten. Mehr gab es nur 2001 zum Start des Schreibwettbewerbes. Und: Mehr als ein Drittel der Geschichten haben Jugendliche eingereicht.
Der Durchmarsch der Inselfrauen
Es gab in diesem Jahr weitaus mehr Autorinnen als Autoren. Auf dem Festland setzten sich Friesisch-Gruppen zusammen und schrieben, auch eine Geschichte von Helgoland lief ein. Die fünfköpfige Jury entschied sich am Ende für fünf Geschichten auf Föhrer (Fering) und Amrumer Friesisch (Öömrang). Und: Erstmals gehen alle Preise an Frauen. Angesichts der hohen Zahl der jugendlichen Teilnehmer war die Frage: Soll es einen extra Jugendpreis geben? Am Ende gab es dazu ein entschlossenes Nein. Die Geschichten der Schüler waren so gut, dass sie durch einen Nachwuchs- oder Kinderpreis fast abgewertet worden wären. Also sind die Geschichten in den großen Topf gewandert. Der vierte Preis geht an eine Föhrer Gymnasiastin.
Erster Preis an Wiebke Ehlen Lüdtke
Zum Thema "ales ööders" kamen auch viele Geschichten, die sich nicht auf das etwas andere Jahr - das Corona-Jahr - beziehen. In Wiebke Ehlen Lüdtke Geschichte auf Fering legt der Held seine Homosexualität offen. Opa will das Thema nicht hören und wir erleben, wie die Diskussion am Küchentisch hin und her wogt. Die Jury lobt die Geschichte als überaus anschaulich. Eine Situation werde beschrieben, die sicherlich schon oft passiert sei, aber so und auf Friesisch noch nicht. Die Jury war beeindruckt. "Ales ölers - Trii letj wurden", "Alles anders - Drei kleine Wörter" von Wiebke Ehlen Lüdtke bekommt den mit 500 Euro dotierten ersten Preis.
Zweiter Preis an Ellin Nickelsen
Der zweiten Preis und damit 350 Euro gehen an Ellin Nickelsen für ihre Geschichte "Üüb mool as ales ölers". Auf einmal ist alles anders, weil das Pferd einer jungen Ringreiterin nach einem Unfall mit einem Geländewagen stirbt. Die Heldin will nun "Prinz" rächen. Ihre Emotionalität hat die Jury beeindruckt, ebenso die Spannung und die raffinierten Wechsel der Zeitebenen.
Dritter Preis an Antje Tadsen
"Stella" von Antje Tadsen ist die erste Siegergeschichte auf Amrumer Friesisch (Öömrang). Die Jury erkannte ihr den dritten und mit 250 Euro dotierten Preis zu. Antje Tadsen schickt ihre Stella in die virtuelle Welt mit Cyber-Mobbing und falschen Vorbildern, die sie in eine Magersucht führen. Am Ende findet sie aber im Netz auch eine liebe alte Freundin wieder. Mit der Art des Beschreibens und dem überraschenden Ende der Geschichte überzeugt Antje Tadsen die Jury.
Vierter Preis an Gesche Mengel
Gesche Mengel gehört zu den unter 18-jährigen Teilnehmern. Mit ihrer Geschichte "Wiar det en guden toocht?", der Frage also, ob das ein guter Gedanke war, hat sie die Jury überzeugt. Ohne erhobenen Zeigefinger erzählt sie von einem jungen Mann, der angetrunken nachts bei einer Party aufbricht, um Nachschub zu holen. Die Zweifel der Freunde ihn wider besseren Wissens losgeschickt zu haben, machten den Sog der Geschichte aus, urteilt die Jury. Gesche Mengel bekommt dafür den vierten Preis, der mit 200 Euro dotiert ist.
Fünfter Preis an Andrea Hölscher
Um die Geschichte von Andrea Hölscher gab es in der Jury Diskussionen. Die Geschichte auf Öömrang sieht vor dem Hintergrund von Corona in die Zukunft. "Uun a nöös pület - 2023" fragt, was angesichts der derzeitigen Hygieneregeln passiert, wenn jemand sich 2023 öffentlich in der Nase pult. "Geht gar nicht", meinte eine Minderheit in der Jury, "ist richtig lustig" sagte die Mehrheit. Andrea Hölscher bekommt den mit 150 Euro dotierten fünften Preis.
Der Publikumspreis
Auch in diesem Jahr durfte der Publikumspreis nicht fehlen. Bisher wurde darüber in der Pause der Gala mit Publikum von den Zuschauern vor Ort abgestimmt. Beim ersten virtuellen Abschluss von "Ferteel iinjsen" waren alle aufgerufen online abzustimmen. Bis Dienstag, den 24. November hatten Sie Zeit Ihre Stimme für den Publikumspreis abzugeben. Mit 71 Prozent der Stimmen hat Wiebke E. Lüdtke mit ihrer Geschichte "Ales ölers - Trii letj wurden" gewonnen.
Ein Buch zum Wettbewerb
Da dieses Mal so viele Geschichten eingereicht wurden, ist das Nordfriisk Intituut davon abgewichen, erst nach zwei Wettbewerben "Ferteel iinjsen" die schönsten Geschichten zu einem Buch zu machen. "Ales ööders" lieferte Stoff für einen eigenen Band. Der konnte in Leck bei der virtuellen Gala vorgestellt werden. Besonders ist auch das Cover. Darauf sind zwei Kinderbilder zu sehen. Sie stammen von Isabell Garmsen aus Bredstedt. Die Achtjährige fühlte sich durch das Thema angesprochen. In Bildern mit friesischen Unterschriften erzählt sie, wie sie Corona erlebt. Der Beitrag hat sehr gut gefallen. Weil "Ferteel iinjsen" ein Schreib- und kein Malwettbewerb ist, bekommt Isabell außer der Reihe eine NDR-Antje als Sonderpreis.