Poetry Slam in Neumünster: Slammen für die Vielfalt
von Lornz Lorenzen
Wer am Sonntag zum Poetry Slam op Platt auf dem Hof Hartwigswalde bei Neumünster gefahren ist, der merkte gleich bei der Anfahrt über die A7, wie wichtig die Arbeit der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein ist: überall Baustellen und Beton. Vor zwei Jahren sah es hier noch ganz anders aus. Beim ersten Platt Poetry Slam von NDR 1 Welle Nord und der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein war hier noch kein Asphalt, sondern Natur. Die Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die biologische Vielfalt und den Artenreichtum unserer schleswig-holsteinischen Natur zu schützen. Angekommen auf Hartwigswalde sieht man die Teams von NDR 1 Welle Nord und Schleswig-Holstein Magazin, die Mikrofone und Kameras aufbauen. All der große Aufwand, um auch eine Vielfalt zu schützen - nämlich die kulturelle, die sprachliche, das Niederdeutsch.
Plattdeutsch ist kein Unkraut
Über Jahrzehnte waren Eltern wohl der Meinung, Plattdeutsch sei "Unkraut" und solle bitte nicht wachsen. Das Ergebnis ist bekannt: Die Zahl der aktiven Plattdeutschsprecher ist über die Jahrzehnte drastisch gesunken. Und nun erleben wir eine Umkehr. Die Eltern von früher sind Großeltern geworden. Sie möchten bei ihren Enkelkindern wieder gut machen, was sie bei ihren Kindern versäumt haben. Das ist, schlicht gesagt, einfach wunderbar. Nun coachen sie munter drauf los. Sei es bei plattdeutschen Vorlesewettbewerben - wie jüngst in Norderstedt - oder eben beim Platt Poetry Slam auf dem Landschaftspflegehof Hartwigswalde in Neumünster.
Großeltern coachen ihre Enkelkinder
So sitzen die Großeltern von Platt Poetry Slammerin Anni Greve auf Strohballen und freuen sich, dass ihre Enkeltochter auf der Bühne steht. Die Zahnmedizinstudentin aus Bevern im Kreis Pinneberg legt als erste los. Annis Geschichte handelt von einem Brief, in dem sie ihren Großeltern auf dem Dorf ein kleines literarisches Denkmal setzt.
"Trecker fohrn to jede Johrestied. Endlos vörleest un vörsungen kregen - vun de Sitzbank hüppen, unendlich veel Naschkraam eten un all' annern Saken de man tohuus nich dörfft harr - velen Dank för all dat. Ik heff ju leev, ju'n Annie". Anni Greve beim Plattdeutschen Poetry Slam auf Hof Hartwigswalde
Damit lässt sie den erfolgreichen Buchautoren und Biobauern Matthias Stührwoldt hinter sich, der vom Alter her ihr Vater sein könnte. Und auch das Werk von dem literarisch musikalische Multitalent Rainer Prüss wird von der 24-Jährigen überrundet.
Dopelsiegerinnen - vom Dorf und stolz darauf
Neben Anni Greve kann auch die ein Jahr ältere Selina Seemann aus Süderhackstedt das Publikum überzeugen. Der Applaus ist für beide Finalistinnen, die sich aus der Poetry Slam Szene kennen und miteinander befreundet sind, gleich groß. So lautet die Entscheidung der beiden gut gelaunten Moderatoren Ines Barber und Björn Högsdal Doppelsieg. Vom Gastgeber Stiftung Naturschutz erhalten sie statt Schnittblumen zarte Pflänzchen im Blumentopf. Mögen sie wachsen und gedeihen. Herzlichen Glückwunsch an Selina Seemann und Anni Greve.