Venezianische Nächte mit dem NDR Chor
Der NDR Chor präsentiert seinen Hörern regelmäßig Programme, die ein bestimmtes Motto umkreisen. Eins davon hat das Ensemble jetzt auch auf CD produziert: Unter Leitung seines Direktors Philipp Ahmann singt der Chor unter anderem Werke von Andrea Gabrieli, Franz Liszt und Nicolo Castiglioni.
Satte Klangeffekte
"Wir sind eigentlich über einen Umweg darauf gekommen", erklärt Ahmann. "Und zwar wollten wir ein Projekt machen mit Instrumenten. Und da wir wissen, dass es ein tolles Ensemble gibt, NDR Brass, hatten wir die Idee, ein gemeinsames Projekt zu unternehmen. Wenn man an Blechblasmusik und Chor denkt, kommt man schnell auf Venedig, weil es dort in der Renaissancezeit eine große Tradition gegeben hat, für Blechbläser plus Chor zu komponieren."
Ein Zentrum dieses Musikstils war der Markusdom in Venedig. Mit seinen riesigen Weiten und den vielen Emporen inspirierte der Raum die Komponisten zu Werken mit mächtigen Klangeffekten. Das Lobpreis Gottes entfaltete eine majestätische Pracht - wie in den Werken von Giovanni Gabrieli, einem der Begründer der sogenannten venezianischen Mehrchörigkeit.
Der NDR Chor und die Blechbläser von NDR Brass kosten den satten Klang aus, ohne dass er zu Brei wird. Dabei folgt Ahmann den natürlichen Betonungen der Sprache. So bleiben die Phrasen immer flüssig und haben mitunter sogar tänzerischen Schwung.
Höchstes Niveau
Von Gabrieli und Monteverdi schlägt das Programm einen Bogen über die Romantik bis in die Gegenwart. Nach einer Reihe von Blechbläserstücken von Hans Werner Henze singt der NDR Chor zwei Bearbeitungen des Arrangeurs Clytus Gottwald. Er hat unter anderem ein Klavierstück von Franz Liszt mit dem Titel "Richard Wagner - Venezia" für Chor umkomponiert.
Der NDR Chor demonstriert hier sein vorzügliches Niveau und eine große dynamische Palette. Sie reicht von den dunklen, gedeckten Pianissimo-Farben zu Beginn bis zu Klängen von opulenter Leuchtkraft. Wie Ahmann und seine Choristen hier romantisch schwelgen und dabei trotzdem immer ganz kultiviert und homogen bleiben, ist großartig. So eine Qualität ist nur mit professionellen Sängern zu erreichen. Und das gilt erst recht für das Stück des 1996 verstorbenen Italieners Nicolo Castiglioni. Sein "Sonetto in memoriam Igor Strawinsky" erinnert an den russischen Komponisten, der Venedig und die venezianische Musiktradition sehr geliebt hat.
Es ist faszinierend, was für Klänge gerade die Frauenstimmen hier erschaffen - das wirkt stellenweise, als wären sie elektronisch verfremdet - sind sie aber nicht.
Eine ganz starke, abwechslungsreiche CD mit einem tollen Programm ist hier entstanden. Darauf kann Ahmann sehr stolz sein - und das ist er auch, auf seine eigene, fast ein bisschen zu bescheidene Art: "Ich glaube, dass das ein ganz gutes Aushängeschild ist für das, was wir hier umzusetzen versuchen in unseren Programmen."
Venezia
- Label:
- Es-Dur
- Veröffentlichungsdatum:
- 12. Oktober 2012